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Die Zeltstadt soll erst geräumt werden, wenn die Fläche für die Baustelle benötigt wird.  

Stuttgart - Im weiteren Verlauf der Bauarbeiten für Stuttgart 21 ist nach Auffassung des neuen Stuttgarter Polizeipräsidenten Thomas Züfle mit "erheblichem Widerstand" seitens der Projektgegner zu rechnen. Auch nach der gewalttätigen Baustellenbesetzung am 20.Juni bleibe Deeskalation aber die oberste Handlungslinie der Polizei.

Sechs Wochen nach seinem Amtsantritt war Züfle am Mittwoch zum Antrittsbesuch im Verwaltungsausschuss des Gemeinderats. Sein Auftritt geriet zur Lagebesprechung in Sachen S21.

Wenn die Bäume fallen, wird es wieder emotional

Mit zunehmender Emotionalisierung rechnet Züfle besonders bei weiteren Rohrverlegungen für das Grundwassermanagement auf der Bahnhof-Baustelle und beim Abriss des Hauptbahnhof-Südflügels. Über einen längeren Zeitraum könne es auch zu Ausschreitungen kommen, "wenn wir in den Mittleren Schlossgarten zu Baumfällungen müssen", so Züfle. Das Gros der Protestbewegung sei zwar friedlich, doch "mit Sympathiebekundungen begünstigt das bürgerliche Protestpublikum gewalttätige Übergriffe", betonte der Polizeichef.

Schon seit Wiederaufnahme der Bauarbeiten Mitte Juni gebe es verstärkt Protestaktionen. Höhepunkt sei die Besetzung der Baustelle für das Grundwassermanagement am 20. Juni "mit gewalttätigen, nicht hinnehmbaren Übergriffen gegen Polizeibeamte" gewesen. Züfle korrigierte vor den Stadträten die Zahl der verletzten Beamten auf zehn. Neben dem schwerverletzten Zivilbeamten hätten neun Polizisten - nicht wie bisher verbreitet acht - ein Knalltrauma durch einen Sprengkörper erlitten. Mittlerweile seien drei Beschuldigte ermittelt, die den Zivilpolizisten mit Schlägen traktiert und versucht hätten, seine Dienstpistole zu entreißen. Gegen sie werde wegen schwerer Körperverletzung, schweren versuchten Raubes und Landfriedensbruchs ermittelt.

"Wir setzen auf Deeskalation"

Auf der besetzten Baustelle hätten sich zwischen 700 und 1000 Menschen aufgehalten. "Auch hier ermitteln wir wegen schweren Landfriedensbruchs und wegen zivilrechtlicher Schadenersatzansprüche", erklärte Züfle. Eine spezielle Fahndungsgruppe werte ein "gigantisches Ermittlungsmaterial aus 30 DVDs mit eigenen Videos der Polizei sowie zusätzlich 250 Filmsequenzen aus dem Internet aus".

Züfle teilte mit, dass er einen Führungsstab speziell für S 21 mit Experten aus dem ganzen Land aufbaue, um Einsatzstrategien zu planen. "In allen Einsatzlagen setzen wir weiter auf Deeskalation", unterstrich er. Die Anti-Konflikt-Teams der Polizei würden auf 15 Kollegen aufgestockt. Gesetzesverstöße würden trotzdem nicht geduldet. Die Polizei dürfe freilich "auch nicht Prellbock sein, um gesellschaftliche Konflikte zu lösen".

Dies gelte auch für die Räumung der Zeltstadt im Schlossgarten, auf die im Ausschuss CDU und FDP drängten. "Die Polizei ist gefordert, wenn Gefahr in Verzug ist, aber die liegt derzeit dort definitiv nicht vor", urteilte Züfle. Aus seiner Sicht sei die Zeltstadt am besten zu räumen, wenn auf dem Gelände anschließend sofort die Baustelle eingerichtet werde. Ansonsten komme es zu "Wiederansiedlungsversuchen".