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26-Jähriger greift Beamten mit Reizgas an - Proteste gegen Baum-Aktion flauen ab.

Stuttgart - Die Aufregung um die Bäume am Nordausgang des Hauptbahnhofs legt sich. Routinemäßig gingen am Mittwoch die Umpflanzungen weiter. Ein 26-jähriger Protestierer kam indes wegen gefährlicher Körperverletzung in Haft.

Wütende Pfeifkonzerte, aber mit erheblich weniger Beteiligung von Polizisten und Stuttgart-21-Gegnern sind am Mittwoch die Baum-Umpflanzungen an der Nordseite des Hauptbahnhofs fortgesetzt worden. Bis zum Nachmittag waren elf von 16 Platanen und Kastanien an ihre neuen Standorte in Bad Cannstatt, Zuffenhausen und Stammheim umgesetzt.

Für einen 26-Jährigen indes endete der Protest gegen die Baumaßnahmen am Mittwoch in Untersuchungshaft. Ihm wird gefährliche Körperverletzung vorgeworfen, als er am Dienstag gegen 20.40 Uhr auf dem gesperrten Kurt-Georg-Kiesinger-Platz einen Polizeibeamten mit Pfefferspray attackierte. Das allein brachte ihn nicht hinter Gitter, aber: "Der Beschuldigte ist wegen gefährlicher Körperverletzung einschlägig vorbestraft und hat noch eine Bewährung offen", sagt Staatsanwaltssprecherin Claudia Krauth. Es werde geprüft, ob der Fall in einem beschleunigten Verfahren vor Gericht verhandelt werde.

Für Aufregung unter den Stuttgart-21-Gegnern sorgte auch ein Baum auf der anderen Seite des Bahnhofsgebäudes. In der Nacht zum Mittwoch gegen 2 Uhr sägte ein Duo am sogenannten Widerstandsbaum - einer Hainbuche. "Der Baum wird nach Expertenmeinung eingehen", sagt Matthias von Herrmann, Sprecher der Parkschützer.

Ein solcher Baum war im November 2009 von Schauspieler Walter Sittler als Symbol gegen bauliche Eingriffe in den Schlossgarten gepflanzt worden. Nach Mai 2010, als der Baum ersetzt werden musste, ist dies der zweite Anschlag. "Unter den S-21-Anhängern grassiert offensichtlich eine unglaubliche Zerstörungswut", so Sittler.

Info-Pavillon der Gegner muss wohl weichen

Parkschützer verfolgten die Täter, verloren sie aber aus den Augen. Später sichteten sie einen Verdächtigen in der Sängerstraße und übergaben ihn der Polizei. Dort laufen nun die Ermittlungen. "Ob er an der Tat beteiligt war, ist noch nicht geklärt", sagt Polizeisprecher Stefan Keilbach.

Alarm haben die Parkschützer auch bei ihrer Mahnwache am Nordausgang gegeben. Zwei der 16 Bäume auf der Verpflanzungsliste stehen unmittelbar am Info-Pavillon der Stuttgart-21-Gegner. "Die Mahnwache ist damit das erste Mal wirklich bedroht", so Parkschützer Fritz Mielert, "wir sollten sie zu beschützen versuchen."

Die Helfer im Pavillon gaben sich am Mittwochnachmittag weitaus gelassener: "Wir rechnen damit, dass wir hier wegmüssen", sagt eine, "wir sind hier auf dem Bahngelände nur geduldet." Das Zelt soll ihrer Ansicht nach in Richtung Königstraße umziehen. Freilich: Die städtische Genehmigung für den Standort am Nordausgang ist bereits seit dem 5.Oktober 2010 abgelaufen. Das Ordnungsamt hatte damals zwei Alternativstandorte beim Hindenburgbau gegenüber dem Hauptbahnhof oder im Bereich des Südausgangs angeboten. Diese Offerte blieb allerdings ohne Resonanz.

Der stellvertretende Polizeipräsident Norbert Walz orientiert den künftigen Polizeieinsatz "jetzt am Baufortschritt und den Möglichkeiten dieser Spezialfirma". Ein paar Tage seien von vornherein eingeplant gewesen. Obwohl alles zügig läuft, "wird es dabei bleiben", so Walz.

Die Sprecher des Bahnprojekts, Udo Andriof und Wolfgang Dietrich, zeigten sich erleichtert über den Ablauf der Umpflanzaktion, für die die Bahn 200.000 Euro extra investiert: "Wir sind überzeugt, dass die breite Bürgerschaft es positiv bewertet, dass die Bahn hier die Bäume nicht fällt, sondern versetzt."