Fühlt sich von der Bahn schlecht informiert: OB Fritz Kuhn (Grüne). Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Der Rathauschef moniert fehlende Informationen zum Projekt. Beim Thema Sicherheit will er keine Kompromisse machen.

Stuttgart - Zwischen der Deutschen Bahn AG und den Partnern des Projekts Stuttgart 21 herrscht seit Freitag ein eisiges Klima. „Die Art, wie die Bahn mit uns umgegangen ist, ist ein Vertrauensbruch“, sagt Stuttgarts OB Fritz Kuhn (Grüne).

In sieben knappen Zeilen waren das Land, die Stadt und die Region Stuttgart über einen „Aufholbedarf“ von bis zu zwei Jahren beim Bau des Tiefbahnhofs informiert worden. Er würde damit Ende 2023 statt 2021 fertig. Von einer neuerlichen Kostenklemme erfuhren die Mitzahler nichts. Man sei „im Finanzierungsrahmen“. Dabei ist der vom Bahn-Aufsichtsrat im März 2013 mit zusätzlichen zwei Milliarden Euro gefüllte Finanzierungstopf laut der jüngsten Rechnung von Bahn-Vorstand Volker Kefer nahezu erschöpft. Es bleiben 15 Millionen Euro.

Kuhn fordert zeitnahe Information von der Bahn

Weder in dem auch mit städtischen Vertretern besetzten S-21-Arbeitskreis noch im Projektsteuerkreis sei zu den jetzt in der Presse genannten Kostensteigerungen ein Wort gesagt worden, ärgert sich Kuhn. Die Bahn habe für ein „Kommunikationsdesaster“ gesorgt und müsse sich fragen lassen, wie sie ihren Vertrauensbruch heilen könne. „Wir müssen zeitnah über die vom Vorstand an den Aufsichtsrat kommunizierten Ergebnisse informiert werden“, fordert Kuhn.

Aus der Sicht des Rathauschefs hätten die Bahn und die Projektbefürworter sich „die Kosten und die Komplexität von Stuttgart 21 kleingeredet, um es durchzusetzen. Kuhn: „Das rächt sich jetzt.“ Die von der Bahn für den Aufsichtsrat vorgetragenen Probleme wie Anhydrit auf den Tunnelstrecken und die Brandschutzthematik im Bahnhof seien „in der Substanz nicht neu“, sagt Kuhn. Nicht neu sei allerdings auch der Mechanismus, dass die Bahn von aufholen spreche. Kuhn: „Das hatten wir jetzt schon inflationär oft, das erweckt meinen Argwohn.“

Stadt nicht in der Bremserrolle

Grundsätzlich werde die Stadt die Bahn unterstützen. Man könne darüber reden, wie man Rückstände aufholen könne, „da sind wir nicht in der Bremserrolle“, sagt Kuhn. Allerdings werde das „nicht zu Lasten des Mineralwasserschutzes oder auf Kosten des Brandschutzes“ möglich sein. Bei diesen Themen gebe es, „genauso wie bei Fragen zur Verkehrsführung eine rote Linie“. Stuttgart könne „nicht stillgelegt werden während der Bauzeit“.

Die Stadt könne für die Bahn auch nicht in die Rolle der Genehmigungsbehörde, also des Eisenbahn-Bundesamtes (Eba), oder des Bundesverkehrsministeriums schlüpfen. Kuhn kritisiert das Verhalten des Bundes, der endlich, wie in der Geschäftsordnung vorgesehen, einen Vertreter in den S-21-Lenkungskreis entsenden solle. Der Bund sei für die von der Bahn oft kritisierte Personalausstattung des Eba verantwortlich. Daher sei es „verfehlt, wenn Herr Kefer mit uns darüber zu verhandeln versucht, was das Eba zu tun habe“. Jeder könne nur in seinen eigenen Zuständigkeiten tätig werden.

Verzögerter Wohnungsbau

Keinen Rabatt will Kuhn der Bahn in Sachen Verzugszinsen einräumen. Diese werden auf die Kaufsumme für die alten Gleisanlagen fällig, die die Stadt längst erworben hat. Unter Kuhns Vorgänger, OB Wolfgang Schuster (CDU), waren die Zinsen der Bahn bis 2021 erlassen worden, womit sie einen dreistelligen Millionenbetrag sparte. Die Bahn muss pro Jahr vier Prozent über dem Basiszinssatz zahlen. „Auf dieses Geld werde ich nicht verzichten“, sagte der Rathauschef am Mittwoch. Besonders ärgerlich ist für ihn die nun wahrscheinlich zwei Jahre spätere Fertigstellung von bis zu 7500 Wohnungen auf der Fläche der alten Gleise im Rosensteinviertel.