Im Gutachten für das Umweltbundesamt wird empfohlen, auf Vorhaben zu verzichten.

Stuttgart  - Die Kritik am Milliarden-Bahnprojekt Stuttgart 21 reißt nicht ab. In einem Gutachten für das Umweltbundesamt wird nach einem Bericht der Online-Ausgabe der Wochenzeitung „Zeit“ empfohlen, auf das Vorhaben zu verzichten. Denn große Bauvorhaben der Bahn, zu denen die Verlegung des Stuttgarter Hauptbahnhofs unter die Erde und die Anbindung an die künftige Schnellbahntrasse nach Ulm zählen, nützten dem Güterverkehr fast nichts.

Grünen sehen sich bestätigt

Ein Sprecher des Umweltbundesamtes bestätigte am Mittwoch, dass die Expertise vorliege. Die Grünen im Landtag sehen sich in ihrer Kritik an dem Bahnprojekt bestätigt und forderten erneut ein Moratorium. Die Landesregierung betonte die Bedeutung des Projekts. Der Sprecher des Umweltbundesamt erklärte, das Gutachten gebe hinsichtlich Stuttgart 21 nicht die Meinung des Amtes wider. Zugleich sagte er: „Das Umweltbundesamt möchte mehr Geld in den Güterschienenverkehr bekommen. In diesem Bereich besteht ein richtiger Investitionsstau“.

Ein Sprecher des baden-württembergischen Umweltministeriums erklärte, Stuttgart 21 sei durch den Bundestag legitimiert und dürfe nicht durch eine Studie des Umweltbundesamtes infrage gestellt werden. Das Projekt sei für den Nah- und Fernverkehr im Südwesten von Bedeutung.

OLG lehnt Abriss-Stop ab

Unterdessen mussten die Stuttgart-21-Kritiker eine weitere juristische Niederlage einstecken. Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart lehnte einen Eilantrag auf einen Stopp der Abrissarbeiten am Nordflügel des Hauptbahnhofs ab. Geklagt hatte Peter Dübbers, der Enkel des Bahnhofsarchitekten Paul Bonatz. Dübbers sieht in dem Abriss des Seitenflügels die „Amputation“ des Bauwerkes seines Großvaters, von dem er die Urheberrechte geerbt hat.

Ende Juli hatten die Vorbereitungen für den Abriss des Nordflügels begonnen. Dübbers wollte mit der einstweiligen Verfügung erreichen, dass sie gestoppt werden, bis im Berufungsverfahren über die Rechtmäßigkeit des Teilabrisses entschieden wird. Das Landgericht Stuttgart hatte die Klage von Dübbers gegen den Teilabriss am 20. Mai abgelehnt. Dagegen hatte er am 23. Juni Berufung eingelegt, die er einen Monat später begründete.

Dübbers hat zu lang gewartet

Am 5. August stellte er dann nach Angaben des OLG einen Antrag auf einstweilige Verfügung, um die Arbeiten aufzuhalten. Mit diesem Antrag habe Dübbers aber zu lange gewartet, befanden die Richter. Die Dringlichkeit für eine Eilentscheidung habe damit nicht mehr vorgelegen.

Die Kosten für den neuen unterirdischen Durchgangsbahnhof und den Anschluss an die Schnellbahntrasse sind von ursprünglich 2,6 Milliarden Euro auf 4,1 Milliarden Euro gestiegen. Für die Neubaustrecke nach Ulm sind die Kosten von zwei Milliarden auf rund 2,9 Milliarden Euro gewachsen. Die Kritiker befürchten eine weitere Steigerung der Baukosten.

Baucontainer unter Polizeischutz aufgestellt

Unterdessen sind am frühen Donnerstagmorgen gegen 5.45 Uhr unter Polizeischutz mehrere Baucontainer auf dem Areal am Nordflügel des Stuttgarter Hauptbahnhofs abgestellt worden.