Die Schillerstraße vor dem Wagenburgtunnel wird zum Park hin verlegt. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Die Deutsche Bahn und die Stuttgarter Straßenbahnen wollen ihre Bauarbeiten im Schossgarten, entlang der B 14 beim Wagenburgtunnel, und vor dem Königin-Katharina-Stift erheblich ausweiten. Die Bahn hat hier und beim Tunnelbau in Wangen erhebliche Probleme mit dem Schallschutz.

Stuttgart - Bei ihrem Projekt Stuttgart 21 will die Bahn in der Innenstadt an mehr Stellen in die Tiefe gehen. Am Mittwoch hat das Projektbüro Arbeiten vorgestellt, die sich am Südkopf des neuen Tiefbahnhofs, also in Richtung Willy-Brandt-Straße, abspielen sollen. Dort unternimmt auch die Stuttgarter Straßenbahnen AG unter laufendem Verkehr einen heftigen Eingriff in den Untergrund. Beim begonnenen Tunnelbau in Wangen sieht sich der Konzern wegen der nächtlichen Meißelarbeiten mit massiven Anwohnerbeschwerden konfrontiert. Die Arbeiten im Überblick:

Die Schillerstraße zwischen dem in den Schlossgarten führenden Leitner-Steg und dem Wagenburgtunnel wird bis Frühjahr 2016 verlegt. Alle Fahrspuren rücken in den Schlossgarten. Die Bäume auf der Mittelinsel der Schillerstraße werden gefällt, ebenso die entlang der Adenauer-Straße am Königin-Katharina-Stift. Grund für den Eingriff ist die Verlegung bestehender Stadtbahn-Tunnel und der Bau des neuen Nesenbach-Abwasserkanals unter der Schillerstraße. Anderthalb Jahre, sagt Bernd Schröder vom Tiefbauamt, soll die Schillerstraße in diesem Zustand bleiben.

Die Haltestelle Staatsgalerie entsteht komplett neu

Der Halt Staatsgalerie der SSB muss wegen Stuttgart 21 ebenfalls verlegt werden. Er entsteht in Richtung Schlossgarten komplett neu und wird zu diesem hin geöffnet sein. Zunächst aber wird noch ein provisorischer Treppenabgang zur alten Haltestelle geschaffen. Der Spindelabgang zur Haltestelle wird daraufhin abgebrochen, währenddessen kann die Haltestelle von und zum Schlossgarten nicht mehr durchquert werden. Ab Sommer 2016 ist der Durchgang dann wegen der unüberwindbaren Baugrube zum Schlossgarten dauerhaft dicht. Der Wulle-Steg bleibt geöffnet.

An der Willy-Brandt-Straße werden im Zwickel zur Sängerstraße hin drei tiefe Schächte gegraben. Hier entsteht ab 2017 eine rund 30 Meter tiefe und 50 Meter breite Baugrube für zwei je zweigleisige Tunnel. Sie haben 20 Meter Durchmesser, sind nur acht Meter vom Kellerboden des ersten Hauses entfernt, das am Hang zur Urbanstraße steht. Von den drei Schächten aus sollen Zementinjektionen vorgenommen werden, so dass die Häuser am Hang gesichert werden. Auch ein Messsystem wird installiert. „Wir können dann Bewegungen auf ein Zehntel Millimeter Genauigkeit messen und nachsteuern“, sagt Abschnittsleiter Günter Osthoff. 240 Meter lang ist das Stück, das von hier aus bis zur Tunnelverzweigung im Berg gegraben wird. Die Verzweigung nach Ober- und Untertürkheim soll 2016 fertig werden.

In Wangen erhebliche Probleme mit Lärmschutz

Im Kernerviertel muss die Bahn den Schallschutz für die Anwohner nach neuen Berechnungen erheblich verbessern. Schutzfenster für rund 100 statt 60 Häuser werden sieben Millionen Euro kosten, eine Lärmschutzwand und ein Schutzdach beim Wagenburgtunnel zwei Millionen.

In Wangen triebt die Bahn zwei Tunnelröhren 30 Meter unter einem Wohngebiet in Richtung City voran. Die nächtlichen Meißelarbeiten reißen Anwohner aus dem Schlaf. Tagsüber darf gesprengt werden. Die Bahn will das nun auch nachts tun, hat dies bei der Landesbergdirektion beantragt. „Wir anerkennen, dass wir Belästigungen auslösen“, sagt Florian Bitzer, der bei der Bahn für Umweltbelange zuständig ist. Er sagt aber auch: „Wir müssen den Durchlaufbetrieb rund um die Uhr beim Tunnelbau gewährleisten, sonst treten wir auf der Stelle.“ Pro Tag, so Osthoff, schaffe man drei Meter, die erste Röhre sei der zweiten um 150 Meter voraus, die Belästigung komme zweimal“. Bis zu fünf Monate werde es dauern, bis man unter der Jägerhalde durch sei.

Bleibe die Sprenggenehmigung aus, wolle die Bahn den Anwohnern freiwillig Hotelübernachtungen anbieten. „Wir haben Baurecht“, sagt Bitzer mit Nachdruck. Für den so genannten sekundären Luftschall, unter dem die Anwohner hier leiden, gebe es keine Grenzwerte, „das ist eine Grauzone“, so S-21-Sprecher Jörg Hamann. „Es gibt aber klare Zumutbarkeitsgrenzen, die liegen in Schlafräumen bei 35 Dezibel“, sagt der Anwalt Armin Wirsing. Anwohner haben beim Meißeln 45 Dezibel gemessen. „Wenn man nachts nicht mehr schlafen kann, sind die Arbeiten unzumutbar“, so Wirsing. Die städtische Bürgerbeauftragte für Stuttgart 21, Alice Kaiser, hat die Bahn zu Lärmmessungen aufgefordert. Das Ingenieurbüro Fritz wollte sie vergangene Nacht erledigen.