Heiner Geißler (re.) musste sich starker Kritik erwehren Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Fünf Jahre nach dem Faktencheck zum Bahnprojekt Stuttgart 21 haben Schlichter Heiner Geißler, damals an der Schlichtung Beteiligte und Projektgegner das Verfahren diskutiert. Geißler musste Vorwürfe einstecken.

Stuttgart - Kein Thema hat die Landeshauptstadt 2010 stärker geprägt als das Bahn- und Städtebauprojekt Stuttgart 21. Erst Heiner Geißler, der früher CDU-Generalsekretär, damals 80, konnte die explosive Lage beruhigen. Werner Wölfle, damals Grünen-Fraktionschef im Stadtrat, hatte ihn als Vermittler vorgeschlagen.

„Ich bin mit keiner Meinung nach Stuttgart gefahren und wusste nicht, ob die Schlichtung überhaupt stattfindet, aber ich wollte, dass diese ewigen Fensterreden aufhören, man auf Augenhöhe diskutiert“, begründete Geißler am Montag im Hospitalhof seine Motivation. Das Verfahren hält er nach wie vor für stimmig, wenn die Debatte „auf Augenhöhe“ rechtzeitig erfolge. „Wir kamen zu spät“, räumt Geißler heute ein, „und da kann Winfried Hermann nichts dafür“.

Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) saß am Montag neben Geißler, neben dem früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Peter Conradi und Klaus Arnoldi vom Verkehrsclub Deutschland auf dem Podium. Die Journalistin Johanna Henkel-Waidhofer befragte die Runde, aber auch viele vom Ergebnis noch heute enttäuschten Gegner, die die Niederlager nicht verwunden haben. Sie trugen ihre Kritik massiv vor. Laute Zwischenrufe, die Geißler teils beleidigten, ihm Käuflichkeit unterstellten, hallten durch den Lechler-Saal, in den VCD, der Bund für Umwelt und Naturschutz und der Hospitalhof eingeladen hatten.

Geißler, der als Ergebnis der Schlichtung Forderungen an Bahn und Stadt gestellt hatte, parierte, zeigte zwischendurch aber auch einen Anflug von Resignation: „Warum bin ich überhaupt hierhergekommen?“ Wer heute moniere, dass die damals von allen akzeptierten Vorschläge wie Erhalt und Anbindung der Gäubahn an den Tiefbahnhof oder eine sozial gewichtete Verwertung der frei werdenden Grundstücke nicht eingelöst würden, der müsse „Krach machen“.

„Ohne Streit geht es nicht, ihr müsst Krach machen gegenüber der Bahn, wenn diese Vorschläge nicht umsetzt“, sagte Geißler. Er sieht Hermann in der Pflicht. Der verbucht das dritte Gleis am Flughafen als ersten Erfolg und rät zum Blick nach vorn: „Wir müssen nachdenken, was von der heutigen Infrastruktur oben erhalten werden muss.“ Das wäre dann die von Geißler später propagierte Kombi-Lösung. „Die hat der VCD schon damals mit getragen“, sagt Arnoldi.