Heiner Geißler (li.) spricht am Rande der Schlichtung mit Ministerpräsident Stefan Mappus. Umwelt- und Verkehrsministerin Tanja Gönner hört zu. Foto: dpa

Mappus lehnt Forderung der Stuttgart-21-Gegner nach einer Beteiligung am Stresstest ab.

Stuttgart - Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) hat Forderung der Projektgegner nach einer sofortigen, direkten Beteiligung am schon begonnenen Stresstest der Deutschen Bahn für Stuttgart21 am Dienstag als nicht nachvollziehbar bezeichnet.

"Wir machen alles, was der Schlichterspruch vorsieht", betonte Mappus. Er habe selbst "größtes Interesse" daran, dass der von Schlichter Heiner Geißler am 30.November 2010 verkündete Schlichterspruch 1:1 umgesetzt werde. "Ich halte den Schlichterspruch ein, würde mir aber wünschen, dass sich auch die andere Seite daran hält", sagte der Ministerpräsident.

Auch Winfried Kretschmann, Fraktionschef der Grünen im Landtag, beruft sich auf den Schlichterspruch - findet aber zu einer anderen Lesart. "Die Durchführung des Stresstest ist Bestandteil und Fortsetzung des Schlichtungsverfahrens", argumentiert Kretschmann in einem Brief an Bahn-Chef Rüdiger Grube. "Der Stresstest muss den gleichen Kriterien folgen: Transparenz und Dialog auf Augenhöhe." Andernfalls, so Kretschmann, würden die für Sommer erwarteten Ergebnisse des Tests "nicht auf die angestrebte Akzeptanz stoßen".

Informationspanne innerhalb der Landesregierung

Für diese seit geraumer Zeit erhobene Forderung hatte sich zuletzt Schlichter Geißler stark gemacht. "Das Anliegen des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart21, von Anfang an mit eigenen Vertretern beim Stresstest mit dabei zu sein, findet meine volle Unterstützung", sagte Geißler am Montag gegenüber unserer Zeitung. Das Testverfahren dürfe zwischen den Konfliktparteien nicht strittig sein, sonst werde das Ergebnis nicht akzeptiert. "Dieser Ansicht ist auch die Landesregierung, darüber habe ich mich mit ihr ausgetauscht", sagte Geißler.

Mappus bestätigte am Dienstag, dass er am vergangenen Freitag ein "ausführliches Gespräch" mit Geißler geführt habe. Mit dieser Äußerung machte er zugleich eine Informationspanne innerhalb der Landesregierung deutlich: Das von Tanja Gönner (CDU) geführte Umwelt- und Verkehrsministerium hatte nämlich am Tag zuvor noch auf zwei explizite Anfragen unserer Zeitung erklärt, dass es in Sachen Stresstest keinen aktuellen Kontakt zwischen Geißler und der eigenen Ministerin beziehungsweise der Villa Reitzenstein gegeben habe.

Ungeachtet dessen kann sich die Landesregierung darauf berufen, dass sich die Projektgegner nach dem Schlichterspruch mit dem jetzt kritisierten Verfahren einverstanden erklärt hatten, wonach die Bahn den Stresstest zunächst in Eigenregie macht und nur die Ergebnisse unabhängigen Gutachtern in der Schweiz vorlegt. In Geißlers Schlichterspruch ist dieses Vorgehen damals wegen Zeitknappheit nicht schriftlich ausgeführt worden. Die öffentliche, mündliche Zustimmung der Stuttgart-21-Gegner zum Prozedere ist aber protokolliert.

Kurz vor Weihnachten hat die Bahn den Projektgegnern das Zugeständnis gemacht, die Rahmendaten des Tests bereits Mitte April einzusehen. Eine direkte Beteiligung der Gegner lehnt der Konzern bisher ab.