Zum Flughafen sollen bei Stuttgart 21 auch Fern- und Regionalzüge fahren. Fraglich ist, ob diese im S-Bahnhof halten oder vor der Tunneleinfahrt (Bild) in einen neuen Bahnhof abbiegen. Foto: Leif Piechowski

Am Dienstag hat der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG zusätzlich zwei Milliarden Euro für Stuttgart 21 genehmigt. Am Mittwoch drängte der Konzern zu einer Entscheidung über den Gleisanschluss am Flughafen.

Stuttgart - Bei der Planung des neuen Fernbahnhofs und der Einbindung der Gäubahn am Flughafen soll es jetzt schnell gehen. „Wir mahnen eine rasche Entscheidung an, eher in Wochen als in Monaten“, sagt Eckart Fricke, der Bahn-Bevollmächtigte für Baden-Württemberg.

Die Forderung nach Tempo geht an das Land. Mit Beteiligung der Bahn, Bürgerinitiativen und der an den Flughafen und die Gäubahn grenzenden Kommunen war im Juni und Juli 2012 im Filderdialog eine Wunschvariante für den Flughafenanschluss erarbeitet worden. Sie weicht mit dem Näherrücken des neuen Fernbahnhofes an den Airport und dem Erhalt des S-Bahnhofs nicht nur technisch, sondern auch finanziell erheblich von den Bahnplänen, der so genannten Antragstrasse, ab. Es geht um 224 Millionen Euro. Der Bahn-Aufsichtsrat hat beschlossen, dass die S-21-Partner Land, Stadt und Region Stuttgart und der Flughafen den Mehrpreis zahlen sollen.

Weil Grüne und Sozialdemokraten in der Landesregierung sich über die Mitfinanzierung der Änderungswünsche nicht einig waren, galt das Thema Flughafen-Bahnhof als „Koalitions-Tabu“. Die Entscheidung des Bahn-Aufsichtsrates bringt die Regierung nun in Zugzwang. „Die Partner müssen sagen, ob sie die Empfehlungen aus dem Filderdialog gemeinsam umsetzen. Das heißt dann auch, etwas mehr Geld auszugeben“, sagt Fricke. Gebe es kein Ergebnis, „wird die Antragstrasse weiter verfolgt“, ergänzt S-21-Projektsprercher Wolfgang Dietrich.

Flughafen: Anfängliche Begeisterung für die Dialog-Lösung abgekühlt

Am Dienstag zeigten sich Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und sein Vize Nils Schmid (SPD) nach dem Aufsichtsratsbeschluss darüber einig, dass das Land sich keinesfalls an Milliarden-Mehrkosten von Stuttgart 21 beteiligen werde. Die Bahn will daher klagen und sich so 1,2 Milliarden Euro holen. Angesichts dieser Konfrontation, aber auch angesichts der Mehrkosten am Flughafen, räumt man einer verbesserten Lösung im Verkehrsministerium kaum Chancen ein. „Wenn Bahnchef Rüdiger Grube 1,2 Milliarden Euro vom Land will, ist der geänderte Flughafenbahnhof nicht mehr diskussionsfähig“, sagt der Sprecher von Minister Winfried Hermann (Grüne). Dessen Behörde hat die Berechnungen für die Antragstrasse mit der Dialog-Lösung verglichen und 180 Millionen Euro Mehrkosten ermittelt. Dazu käme aber noch die Risikoabsicherung.

Beim Flughafen, der bereits 340 Millionen Euro für Stuttgart 21 zahlt, ist die anfängliche Begeisterung für die Dialog-Lösung merklich abgekühlt. „Wenn es bei der derzeitigen Forderungen der Bahn bleibt, liegen die Positionen weit voneinander entfernt. Dann wird wahrscheinlich die Antragstrasse verwirklicht“, sagt Flughafen-Geschäftsführer Walter Schoefer. Bedeckt hält sich Stuttgarts OB Fritz Kuhn (Grüne). Er lehnte am Mittwoch eine Stellungnahme ab.

Über die Art des Gleisbaus am Flughafen muss also in der Regierungskoalition entschieden werden. Die Frage nach Zuzahlung werde „unterschiedlich gesehen“, die SPD sei für Gespräche „über eine Beteiligung an den Mehrkosten des Filderbahnhofs offen“, sagt der Sprecher von Finanzminister Nils Schmid. Winfried Kretschmann hatte vor Monaten laut über einen Sondertopf nachgedacht. Man könne sich „eher 24“ statt 224 Millionen Euro als Gabe des Landes vorstellen. Kretschmann musste sich daraufhin von der eigenen Fraktion und dem Verkehrsminister korrigieren lassen. „Der Ministerpräsident hat Interesse, das mit den Partnern zu besprechen“, sagte Regierungssprecher Rudi Hoogvliet am Mittwoch. Geklärt werden müsse dabei auch, ob die Antragstrasse der Bahn überhaupt genehmigt werden würde. Sie sei natürlich „grundsätzlich genehmigungsfähig“, sagt Fricke, „wir haben Jahre darauf zugearbeitet“.