Hannes Rockenbauch, Sprecher von SÖS/Linke-plus, greift OB Kuhn wegen dessn Haltung zum Rederecht von S-21-Gegnern an Foto: dpa

Der Gemeinderat wird am heutigen Donnerstag um 16.30 Uhr im Rathaus über die Zulässigkeit von zwei Bürgerbegehren gegen das Bahnprojekt Stuttgart 21 abstimmen. Dabei geht es um den von den S-21-Gegnern behaupteten Leistungsrückbau im Vergleich zum Kopfbahnhof und um die von 4,5 auf 6,5 Milliarden Euro explodierten Kosten.

Stuttgart - Der Gemeinderat wird am heutigen Donnerstag um 16.30 Uhr im Rathaus über die Zulässigkeit von zwei Bürgerbegehren gegen das Bahnprojekt Stuttgart 21 abstimmen. Dabei geht es um den von den S-21-Gegnern behaupteten Leistungsrückbau im Vergleich zum Kopfbahnhof und um die von 4,5 auf 6,5 Milliarden Euro explodierten Kosten. Die Stadt ist bisher direkt mit 292 Millionen Euro dabei. Gesprächen zur Mehrkostenübernahme führt sie nicht.

Aus Gegnersicht rechtfertigt jedes einzelne der Themen den Ausstieg der Stadt aus der Projektfinanzierung. Die Mehrheit im Rat aus CDU, SPD, Freien Wählern und in diesem Fall auch Grünen sieht das anders. Sie folgen den Argumenten des von der Stadt beauftragten Rechtsprofessors Christian Kirchberg. Der Finanzierungsvertrag sehe keine Kündigung vor, der Ausstieg sei auf ein rechtswidriges Ziel gerichtet, und die Begehren kämen viel zu spät, sagt der Anwalt.

Vor dem öffentlich tagenden Gemeinderat werden die Gegner keine Chance erhalten, ihre Sicht der Dinge zu erläutern. Die Fraktion SÖS/Linke-plus hatte am Mittwoch im Verwaltungsausschuss beantragt, je einem der so genannten Vertrauenspersonen der Begehren Rederecht einzuräumen. OB Fritz Kuhn (Grüne) hat das verhindert. Beim Abstimmungspatt gab Kuhns Votum den Ausschlag für die Ablehnung. Dafür stimmten SÖS/Linke-plus, Grüne, AfD und FDP.

„Mir persönlich würde es nichts ausmachen, wenn man die Vertrauensleute hört, aber wir müssen den Text des Bürgerbegehrens rechtlich prüfen, nicht das, was vorgetragen wird“, sagte Kuhn vor der Abstimmung. Seit der Kostenexplosion im März 2013 habe es, so der OB, „keine Anträge an die Projektpartner gegeben, eine Anhörung zum Ausstieg zu machen“. Eine neue „Schlichtung und Stresstest“ sei aber jetzt auch nicht das Thema.

Einen Schlussstrich unter das Thema ziehen wollen CDU, SPD und Freie Wähler. Er wolle keine Wahlkampfveranstaltung“, sagte CDU-Chef Alexander Kotz. Außerdem werde Stuttgart 21 gebaut „und in Betrieb gehen". Die Entscheidung über das Projekt sei „auf Initiative meiner Partei“ mit der Volksabstimmung gefallen, sagte SPD-Fraktionschef Martin Körner.

„Mehrheit ist Wahrheit, ob einem das schmeckt oder nicht“, sagte Rose von Stein (FW) zu Hannes Rockenbauch, dem Sprecher von SÖS/Linke-plus. Das brachte ihr von der voll besetzten Zuhörertribüne den Zwischenruf „Sie sollten mal Schiller lesen", ein. Wenn die Vertragsgrundlage bei zwei Milliarden Mehrkosten nicht entfallen sei, dann frage er sich, wann dann, sagte AfD-Stadtrat Lothar Maier, für den auch die Kapazitäten des neuen Durchgangsbahnhofs „völlig unklar“ sind. Für Rockenbauch ist klar, dass der neue Bahnhof die Versprechen der Bahn von 50 Prozent mehr Leistung nicht erfüllen werde, er sei im Gegenteil ein Leistungsrückbau. Auch die Flächen und Verkehrswege für die Reisenden seien zu gering dimensioniert. Während sich die SPD einen „Tunnelblick antrainiert“ habe, kenne Kuhn nun „seine eigenen Argumente aus dem OB-Wahlkampf zu Zugzahlen nicht mehr“.

Grünen-Stadtrat Jochen Stopper versuchte sich vergeblich als Friedensengel: „Wir können uns damit beschäftigen, wie man das Projekt leistungsfähiger machen kann.“

Die Bahn habe im Finanzierungsvertrag nicht 50 Prozent mehr Züge versprochen, stellt Anwalt Kirchberg fest. Die Zahl stehe im Anhang, sagte Kuhn, und gelte nur für „Taktzüge“, aber nicht für die Spitzenstunde. „Es ging immer um die Spitzenstunde am Morgen“, konterte Rockenbauch, denn sie sei entscheidend. OB Kuhn habe bei Stuttgart 21 „offenkundig umgeflaggt“, kommentierte das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 die Debatte.