OB Fritz Kuhn hat die Unterschriftensammlung von Peter Conradi (re.) und Egen Hopfenzitz (li.) entgegen genommen Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Stuttgarts OB Fritz Kuhn hat früher als Landtagsabgeordneter gegen das Bahnprojekt Stuttgart 21 gekämpft. Das Verhältnis des Grünen zu den Gegnern ist heute deutlich distanziert. Am Mittwoch nahm er Unterschriften für ein Bürgerbegehren gegen S21 entgegen.

Stuttgart - Ihre mehr als 60.000 Unterschriften für einen Bürgerentscheid mussten die Gegner von Stuttgart 21 im November 2007 noch im Rathausflur abgeben. Wolfgang Schuster (CDU) hatte damals den Ordnungsbürgermeister Martin Schairer zur Abnahme vorgeschickt.

OB Fritz Kuhn (Grüne) empfing eine Delegation der Gegner am Mittwoch in gleicher Sache im hell erleuchteten Sitzungssaal. Er halte es für eine Selbstverständlichkeit, „dass ich die Unterschriften übernehme“, sagte Kuhn. Er werde sich aber nicht juristisch zu den Erfolgsaussichten des „Storno 21“ betitelten Bürgerbegehrens äußern. Und „eine Pressekonferenz halten wir nicht ab“, er habe maximal eine halbe Stunde eingeplant, wurde Kuhn deutlich.

Der langjährige SPD-Bundestagsabgeordnete Peter Conradi und der frühere Chef des Hauptbahnhofs, Egon Hopfenzitz, sowie Eisenhart von Loeper als Sprecher des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21 dankten für den Empfang. „Wir freuen uns“, sagte Conradi. Man fordere einen Bürgerentscheid, in dem die Stuttgarter darüber abstimmen sollten, ob sie bereit seien, eine Milliardensumme nachzulegen oder den Finanzierungsvertrag zu kündigen. „Die Bahn will erklärtermaßen einen Teil der Mehrkosten auf Stadt und Land abwälzen“, so Conradi. Je länger die Frage ungeklärt bleibe, desto mehr mache sich die Stadt erpressbar. Beim Volksentscheid seien die Bürger über die wahren Mehrkosten getäuscht worden.

Hopfenzitz sagte, er habe ihn, Kuhn, gewählt. Die Bürger wollten den alten leistungsfähigen Hauptbahnhof nicht gegen einen „Vorortbahnhof mit acht Gleisen eintauschen“, wie er jetzt im Untergrund gebaut werde. Mit „Storno 21“ gehe es „erstmals um die notwendigen Konsequenzen dafür, dass Mehrkosten von der Bahn verschwiegen wurden“, sagte von Loeper.

Kuhn dankte für die „charmante Umarmung“, die er aber zurückweise. „Ich sehe vieles anders“, so der OB. Der Finanzierungsvertrag von 2009 sei rechtswirksam, beim Volksentscheid, bei dem er dafür geworben habe, dass das Land aus der Finanzierung aussteige, habe es „keine Täuschung“, aber ein klares Ergebnis gegeben, und in der Finanzierungsfrage könne die Stadt nicht mit der Bahn sprechen, das sei dem Land vorbehalten. Die Mehrheiten im Landtag und Gemeinderat seien für das Projekt, das auch in den jüngsten Umfragen Zustimmung erhalten habe. „Am Ende gilt nichts anderes, als dass die Mehrheit gilt“, so Kuhn. Nun werde geprüft, ob der geforderte Bürgerentscheid zulässig wäre.

Dass die Gegner die Zahl der nötigen 20.000 Unterschriften erreicht haben, hat das Statistikamt der Stadt bereits überprüft. Die Bahn habe Ende 2012 eingestanden, dass das Projekt rund 2,3 Milliarden Euro mehr koste, „das ist herausragend neu“, sagte von Loeper. Und: „Demokratie und Wahrheit kann man nicht voneinander trennen.“ Aber da war die halbe Stunde um und Fritz Kuhn bereits aus dem Raum.