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Lenkungskreis Montag mit Winfried Hermann (Grüne) - Regierungschef soll sich am 1. Juni erklären.

Stuttgart - Am Montag trifft sich die neue grün-rote Landesregierung erstmals mit der Bahn zu Verhandlungen über Stuttgart 21. Erste Konfliktpunkte im Lenkungskreis sind Mehrkosten aus dem Bau- und Vergabestopp sowie der Stresstest.

Am kommenden Montag um 10 Uhr trifft sich der Lenkungskreis zum umstrittenen Bahnprojekt Stuttgart21 erstmals seit dem Machtwechsel in der Landesregierung. Wo das Treffen in Stuttgart stattfindet und wie lange die Gespräche dauern sollen, ist noch offen.

Für die Landesregierung werden Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) und der Staatssekretär für Finanzen und Wirtschaft, Ingo Rust (SPD), teilnehmen. Hinzu kommen OB Wolfgang Schuster, Regionaldirektorin Jeanette Wopperer (beide CDU) und als Beobachter ein Vertreter der Bundesregierung. Für die Deutsche Bahn AG werden Vorstandschef Rüdiger Grube und sein Vorstandskollege Volker Kefer genannt.

Der Lenkungskreis muss sich einvernehmlich entscheiden

Dass Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) den ersten Auftritt der Regierung im Lenkungskreis dem Minister überlässt, sorgt für Aufsehen. "Wir sind etwas befremdet, immerhin ist der Ministerpräsident laut Geschäftsordnung der stellvertretende Vorsitzende des Kreises", heißt es. Durch Kretschmanns Zurückhaltung kann auch dessen Vize in der Landesregierung, Nils Schmid (SPD), nicht wie beabsichtigt am Lenkungskreis teilnehmen. "Dann bestünde keine Augenhöhe zwischen Schmid und Hermann und der SPD und den Grünen", heißt es in der Regierung.

Die Arithmetik im Lenkungskreis ist deshalb so wichtig, weil die Regierung dort mit allen Partnern aus dem Land bei den Abstimmungen mit einer Stimme sprechen muss. Auf der anderen Seite hat auch die Bahn nur eine Stimme. Am Ende muss sich der Lenkungskreis stets einvernehmlich entscheiden.

Außer Mutmaßungen über die Balance zwischen Projektbefürwortern (SPD) und Projektgegnern (Grüne) gibt es bisher nichts Handfestes, nicht einmal eine Tagesordnung. Waren früher vier Wochen Zeit für eine intensive Vorbereitung des Lenkungskreises üblich, sollen jetzt wenige Tage genügen.

Minister Hermann will in der Sitzung erreichen, dass im S-21-Stresstest ein weiterer, "kundenorientierter Fahrplan" anlegt wird. Den Forderungskatalog für den Fahrplan will Hermann in vier Wochen vorlegen. Es sei prinzipiell möglich, in die Computersimulation zur Leistungsfähigkeit des Tiefbahnhofs einen zweiten Fahrplan einzuspeisen, erklärt dazu ein Bahnexperte: "Das braucht jedoch Zeit und bietet, falls der Fahrplan bewusst auf Konfliktstellen des neuen Bahnhofs abzielt, auch die Möglichkeit, Stuttgart21 kaputt zu rechnen."

Wer zahlt die Mehrkosten des Baustopps?

Die Bahn wird im Lenkungskreis auf Klärung drängen, wer die Mehrkosten durch den Bau- und Vergabestopp trägt. "Wer stoppt, zahlt - und das waren bisher wir", heißt es bei der Bahn. Sollte das Land das Moratorium aber bis zur Volksabstimmung im Herbst verlängern, müsse es die Bahn von diesen neuen Mehrkosten befreien. Andernfalls werde man "auf absehbare Zeit weiterbauen", heißt es im Konzern.

Wie sich Kretschmann die Lösung für S21 vorstellt, wird er vielleicht am 1.Juni, zwei Tage nach dem Lenkungskreis, erklären. Um 18 Uhr beginnt auf dem Marktplatz eine von SÖS-Stadtrat Gangolf Stocker ins Leben gerufene "Volksversammlung". Der Regierungschef werde Bürgern zum aktuellen Stand bei S21 "Rede und Antwort stehen", kündigt Stocker an. Besucher hätten Gelegenheit, dem Regierungschef "Fragen, Ideen oder Einwände" vorzustellen. So solle aus dem Protest ein Mitgestalten werden.