„Die Reise zum Brandschutzkonzept ist noch lange nicht zu Ende“, sagte Branddirektor Frank Knödler im Stuttgarter Rathaus. Foto: dpa

Die Planer der Deutschen Bahn prüfen eine Alternative zu zusätzlichen Fluchttreppen – Grüne und SÖS sehen noch zu viele Risiken.

Stuttgart - Der Bau der ICE-Strecke Stuttgart–Ulm und des neuen Hauptbahnhofs hat längst begonnen, doch ein fertiges Brandschutzkonzept für Tiefbahnhof und Tunnelröhren wird es nicht vor Mitte 2013 geben.

„Die Reise zum Brandschutzkonzept ist noch lange nicht zu Ende“, sagte Branddirektor Frank Knödler im Rathaus. Sven Hantel, Regionalbereichsleiter Südwest der Bahn, kündigte an, sein Unternehmen wolle Anfang 2013 über „eine finale Version“ des Brandschutzkonzepts für die Genehmigungsbehörde verfügen. Mitte 2013 wolle man das Konzept „durch alle Instanzen“ geschleust haben. Doch im Ausschuss für Umwelt und Technik wurde auch deutlich, dass wichtige Fragen noch nicht geklärt sind – und dass auch die Befürworter des Projekts viel Sicherheit wollen. „Es wird keine Kompromisse geben“, sagte Alexander Kotz (CDU) unter dem Eindruck des Brandunglücks in einem Behindertenheim in Titisee-Neustadt mit 14 Toten. Und Günter Stübel (FDP) warnte: Für die Akzeptanz von S 21 in der Bevölkerung sei „der Brandschutz das Zünglein an der Waage“.

Die Bahn-Verantwortlichen fühlen sich für den Fall gerüstet, dass mit einem brennenden Waggon im Bahnhof das schlimmste Szenario wahr werden sollte. Mit 23 Minuten für die Evakuierung von bis zu 16.000 Menschen ab der Alarmdurchsage in der Bahnhofshalle habe man einen „durchaus üblichen Wert“ errechnet. Hinweise eines Gutachters, dass die Selbstrettungsphase in Stationen mit gemischtem Reiseverkehr in der Regel nach 15 Minuten ende, wiesen die Bahnvertreter zurück. Da rede man von S-Bahn-Stationen. Wichtig sei, dass im geplanten Bahnhof während der kompletten Evakuierung in mindestens zweieinhalb Meter Höhe über den Gehflächen im Bahnhof „raucharme Luft“ garantiert werden könne.

„Perfide“ Vergleiche mit dem Berliner Großflughafen abgelehnt

Weil die Bahn-Planer neuerdings für die Entschärfung einer höheren Brandlast vorsorgen müssen, haben sie zuletzt acht zusätzliche Fluchtreppenhäuser vorgesehen. Wie Bahnhofsarchitekt Christoph Ingenhoven betrachten sie die Treppenhäuser aus architektonischem Blickwinkel aber „kritisch“. Daher prüfen sie eine Alternative: den brennenden Zug in einen Wassersprühnebel zu hüllen, um damit den Brand und die Entwicklung von Wärme und Rauch zu dämpfen. Zum Test soll ein Modell eines Wagens eingesetzt werden. Feuerwehr-Chef Frank Knödler ist gespannt: Er habe so eine Wirkung noch nie erlebt. Ein Nachweis sei dringend nötig. Und die Feuerwehr hat weitere Fragen: Wie kommen ihre Männer zum Brandherd, wenn die Fahrgäste flüchten? Werden die Flüchtenden unterwegs oder oben auf dem Straßburger Platz nicht doch von tödlichen Rauchgasen eingeholt? Ganz zu schweigen davon, ob es in den Tunnelröhren nun doch ständig gefüllte Wasserleitungen geben wird oder Trockenleitungen, die erst zeitraubend gefüllt werden müssen. Letzteres stand (noch) nicht zur Debatte, weil es diesmal um den Bahnhof ging.

Andreas Reißig (SPD) pochte auch auf Klärung, lehnte aber „perfide“ Vergleiche mit dem Berliner Großflughafen ab. In Berlin seien die Probleme am Schluss erkannt worden. In Stuttgart sei man recht früh dran, zumal die Standards 2010 verschärft wurden. Die Grünen sagten, ihre Bedenken seien „nicht ausgeräumt“. Dass es nach Knödlers Aussage seit Anfang 2012 einen engen Dialog gebe und man erst am Freitag 60 Fragen formuliert habe, sei merkwürdig, sagte Peter Pätzold. Die „Grundlagenforschung“ zum Sprühnebel komme spät. Die Probleme seien noch groß. „In einem Kellerbahnhof ist der Brandschutz einfach schwierig“, meinte auch Gangolf Stocker (SÖS/Linke). Bei seiner Vermutung, dass das Bahnhofskonzept und der Brandschutz am Ende unvereinbar seien, schüttelte Sven Hantel aber den Kopf.