Das Bild ging um die Welt: der verletzte Dietrich Wagner im Schlossgarten Foto: dpa

Innenministerin Theresa May hat unter Hinweis auf den Schwarzen Donnerstag in Stuttgart dem Einsatz von Wasserwerfern bei Demonstrationen in England und Wales eine Absage erteilt. Es ist eine Schlappe für Bürgermeister Boris Johnson. Denn er hat bereits drei in die Jahre gekommene Wasserwerfer aus Deutschland gekauft.

London - Londons Bürgermeister war auf Schnäppchenjagd im vergangenen Jahr. Nun hat sich die Investition als äußerst teuer herausgestellt, wenn nicht gar sinnlos. Boris Johnson kaufte für die Polizei der britischen Hauptstadt drei Wasserwerfer aus Deutschland und weil diese bereits 25 Jahre alt waren, hat er statt umgerechnet rund 3,4 Millionen Euro nur 310.000 Euro bezahlt.

Jetzt aber hat Innenministerin Theresa May den lokalen Behörden den Einsatz der gepanzerten Fahrzeuge verboten. Die in die Jahre gekommenen Modelle werden in London demnach weiter vor sich hinstauben. Sie hätten „die Fähigkeit, Schaden anzurichten“, sagte May. Wasserwerfer könnten Menschen schwer verletzen. Als ein Beispiel für ihre Argumentation führte sie den sogenannten „schwarzen Donnerstag“ in Stuttgart an, als eine Demonstration gegen das Großprojekt Stuttgart 21 eskalierte und die Polizei mit Pfefferspray und Wasserwerfern gegen die Protestierenden vorging. Ein Mann ist seitdem beinahe blind.

Londons Polizei ist enttäuscht

Hinzu komme, dass May nach wie vor nicht von der „Funktionsfähigkeit“ der gebrauchten Fahrzeuge überzeugt sei. Boris Johnson hatte im vergangenen Jahr das Angebot der Bundespolizei als „einmalig günstig“ bezeichnet, auch wenn der Preis inklusive der Kosten für die Nachrüstung, den Transport, die Instandhaltung sowie das Training der Beamten laut BBC auf umgerechnet 470.000 Euro gestiegen sei. Der Bürgermeister nannte die Entscheidung seiner konservativen Parteikollegin May „falsch“. Er verstehe nicht, warum Wasserwerfer in England und Wales verboten bleiben sollten, wenn sie doch in Nordirland eingesetzt würden. Es ist der einzige Landesteil des Königreichs, wo die Fahrzeuge bei Ausschreitungen verwendet werden.

Auch die Polizei der Metropole zeigte sich „enttäuscht“ ob der Absage aus dem Innenministerium. „Wir können sie im Moment nicht nutzen, das ist korrekt“, so Boris Johnson. Aber man würde die Geräte in Reserve halten und „sollte es einen Anlass geben, wenn sie nützlich werden könnten, um Massen zu kontrollieren, kann die Polizei einen neuen Antrag stellen“. Für Johnson ist das Verbot derweil eine Blamage. Er rechnete damit, die Unterstützung von Premierminister David Cameron sowie eine Umfrage, nach der sich eine Mehrheit der Londoner für den Einsatz der Wasserwerfer aussprach, würde Innenministerin May überzeugen.

Aber sie verwies auf die Tradition auf der Insel. Die britische Polizei war stets stolz darauf, unbewaffnet gegen protestierende Bürger vorzugehen und nur im Extremfall zum Gummiknüppel zu greifen. Doch als im Jahr 2011 in zahlreichen englischen Städten Unruhen ausbrachen, mussten die Ordnungshüter scheinbar hilflos zusehen, wie Londoner Geschäfte geplündert und in Brand gesteckt wurden. Der Mob forderte die Aufklärung über den Tod eines Einwohners im Londoner Stadtteil Tottenham. Wie gewöhnlich versuchten die Polizisten ausschließlich zu Pferd und mit Hilfe von Menschenketten die Demonstranten in Schach zu halten.

Trotzdem eskalierte die Situation. Und endete mit einer traurigen Bilanz: Fünf Tote und zahlreiche Verletzte waren die Folge der tagelangen Gewalt. Darauf bezog sich Johnson, der bei ähnlichen Vorfällen in Zukunft gerüstet sein wollte. Schon 2014 formierte sich Widerstand im Königreich – sogar innerhalb der Polizei. Bis auf die Londoner Metropolitan Police sprachen sich die fünf nächstgrößten Behörden in England und Wales gegen den Einsatz der gepanzerten Fahrzeuge auf ihren Straßen aus. Die britische Zeitung Guardian schrieb von der „Verachtung der Regierung für Protestierende“.