RegionalExpress zwischen Singen und Stuttgart Foto: DB AG/Georg Wagner

Die Bahn AG will die Gäubahn-Strecke zurückkaufen, hat aber kein Konzept dafür.

Stuttgart - Die Bahn will die 15,6 Kilometer lange Gäubahn-Strecke zwischen Vaihingen und dem Hauptbahnhof von der Stadt zurückkaufen. Das hat DB-Vorstand Volker Kefer angekündigt. Die Frage ist, wie die alten Gleise an die neue Infrastruktur von Stuttgart21 geknüpft werden.

Mit dem angekündigten Rückkauf der sich auf 38 Hektar im Stuttgarter Westen ausbreitenden Strecke griff Kefer eine Forderung aus dem Schlichterspruch von Heiner Geißler auf. "Die Gäubahn bleibt aus landschaftlichen, ökologischen und verkehrlichen Gesichtspunkten erhalten und wird leistungsfähig, zum Beispiel über den Bahnhof Feuerbach an den Tiefbahnhof angebunden", hatte Geißler in Punkt 11.3 seiner "Stuttgart 21 plus" überschriebenen Entscheidung formuliert.

Geißlers Spruch ist an diesem Punkt ein Widerspruch in sich. Denn wenn die aus Vaihingen kommenden Gäubahn-Gleise künftig in Feuerbach enden, kann von einer leistungsfähigen Anbindung an den neuen Tiefbahnhof keine Rede sein. Die aus Richtung Singen und Freudenstadt kommenden Züge müssten in Feuerbach die Richtung wechseln, um in den Tiefbahnhof zu gelangen.

Die Gegner der bei Stuttgart 21 geplanten Infrastruktur wenden sich nicht grundsätzlich gegen die weitere Verwendung der Gäubahn. Allerdings müsse man "zunächst prüfen, ob es in Feuerbach überhaupt noch eine Infrastruktur und die nötige Kapazität gibt, um dort Regional- und Fernzüge aus Richtung Süden halten lassen zu können", sagt Klaus Arnoldi vom Verkehrsclub Deutschland (VCD).

Abzweig nach Feuerbach existiert bereits

Heute fährt die Gäubahn durch den Westen und in großem Bogen an der Rosensteinstraße entlang zum alten Hauptbahnhof. Ein Abzweig nach Feuerbach existiert bereits, wird aber nur im Notfall von Güterzügen genützt. 2001 hat die Stadt die Gäubahn-Strecke für 13 Millionen Euro von der Bahn gekauft.

Um künftig nach Feuerbach gelangen zu können, würden die Züge weiter, wohl auf S-Bahn-Gleisen, durch den Pragtunnel fahren. Für zukunftsfähig hält Arnoldi hingegen eine Anknüpfung der Gäubahn an den neuen Tunnel, der aus Bad Cannstatt zum Tiefbahnhof führen soll. Dort wäre genügend Puffer für weitere Züge vorhanden. Der Lückenschluss zwischen der heutigen Gäubahn-Linie und dem Cannstatter Tunnel wäre aber nur mit einem aufwendigen Neubau zu schaffen.

Bis Mitte kommenden Jahres will die Bahn AG Erkenntnisse über die Belastung der bei Stuttgart 21 geplanten Strecken aus einer Fahrplansimulation haben. Dieser Stresstest mit bis zu 49 Zügen in der Hauptverkehrszeit (7 bis 8 Uhr) soll aufzeigen, wo im neuen System womöglich nachgebessert werden muss. "Die Bahn braucht bis dahin eine Denkpause. Sie kann jetzt nicht einfach weitermachen", fordert der VCD-Landesvorsitzende Matthias Lieb ein Innehalten. Die bei Stuttgart 21 geplanten neuen Tunnelgleise aus Feuerbach zum Tiefbahnhof könnten aus Kapazitätsgründen nicht mit noch mehr Zügen belegt werden, sagt Lieb. Für die S-Bahn-Linien 4, 5 und 6 aus Richtung Norden sei die Gäubahn als Umfahrungsstrecke bei gesperrtem S-Bahn-Tunnel unter der Stadt auch kaum tauglich, denn diese Linien fahren nicht nach Vaihingen. "Im Moment gibt es zur Gäubahn mehr Fragen als Antworten", sagt Lieb. Er schlägt einen Abzweig der Gäubahn vom Westbahnhof zum geplanten Stuttgart-21-Tiefbahnhof vor. Der müsste dann aber zehn statt nur acht Gleise bekommen.

Die Bahn AG selbst hält sich bedeckt. Der Vorstoß ihres Vorstands Kefer scheint zur Unzeit erfolgt zu sein. "Wir wollen zur Nutzung der Strecke nichts sagen, zunächst müssen wir mit der Stadt sprechen", teilt ein DB-Sprecher auf Anfrage mit. Zu Stuttgart 21 passt die alte Strecke jedenfalls nicht. Es gebe dafür kein Konzept, heißt es.

Im Bahn-Konzern gibt es allerdings Experten, die sich noch gut an alte Forderungen des Regionalverbands erinnern. Eine Gleisverbindung von Feuerbach direkt nach Bad Cannstatt, die den Hauptbahnhof links liegen lässt, war einmal für die S-Bahn im Gespräch. Bisherige Zwangsumsteiger auf der Strecke könnten dann durchfahren.