Die Gewerkschaft der Polizei hat nach den Strafbefehlen gegen Polizeibeamte auf die Verantwortung des damaligen Ministerpräsidenten Stefan Mappus (CDU) für den Wasserwerfereinsatz gegen Stuttgart-21-Gegner hingewiesen. Foto: dpa

Drei Jahre nach dem „Schwarzen Donnerstag“ beschäftigt der Wasserwerfereinsatz gegen Stuttgart-21-Gegner noch immer die Justiz. Die Kleinen fange man, die Großen lasse man laufen, kritisiert die Gewerkschaft der Polizei.

Stuttgart - Die Gewerkschaft der Polizei hat nach den Strafbefehlen gegen Polizeibeamte auf die Verantwortung des damaligen Ministerpräsidenten Stefan Mappus (CDU) für den Wasserwerfereinsatz gegen Stuttgart-21-Gegner hingewiesen. Mappus habe „Öl ins Feuer gegossen“, indem er den Polizeieinsatz für das Fällen der Bäume im Zuge des Bahnprojektes zum frühstmöglichen Zeitpunkt am 30. September 2010 durchgesetzt habe, sagte Gewerkschafts-Landesvize Hans-Jürgen Kirstein. Zu der Eskalation wäre es nicht gekommen, wäre die Rodung der Bäume einige Tage später angesetzt worden, ist Kirstein sicher.

Urteile gegen drei Beamte seien hart

Zudem habe der CDU-Mann schon allein durch seine Präsenz bei einer Einsatzbesprechung der Polizeiführung Einfluss ausgeübt. „Mappus' strikte Linie bei Stuttgart 21 war klar“, erläuterte Kirstein. Die Urteile gegen drei Beamte wegen fahrlässiger Körperverletzung im Amt empfindet Kirstein vor diesem Hintergrund als hart.

Zwei Beamte waren vom Amtsgericht Stuttgart zu sieben Monaten auf Bewährung verurteilt worden, von denen einer den Strafbefehl akzeptiert. Ein dritter Beamter soll eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen zahlen, legt aber dagegen Einspruch ein. Ihnen wird vorgeworfen, Demonstranten mit den von ihren Fahrzeugen ausgegangenen Wasserstrahlen am Kopf verletzt zu haben. Insgesamt wurden bei dem ungewöhnlich harten Einsatz rund 100 Menschen verletzt, auch Polizisten. Bei zwei Polizeiführern, gegen die die Staatsanwaltschaft Stuttgart Anklage wegen fahrlässiger Körperverletzung im Amt erhoben habe, steht das Verfahren im kommenden Jahr noch aus.

Kirstein zeigte Mitgefühl mit den verurteilten Polizisten: „Sie haben auf Weisungen reagiert und nach besten Wissen und Gewissen ihren Dienst fürs Land gemacht.“ Ein Beamter könne zwar „remonstrieren“, wenn er Bedenken gegen einen Einsatz hege, müsse aber Anordnungen befolgen. Überdies sei aus einem Wasserwerferfahrzeug die Sicht sehr beschränkt. Die vorbestraften Beamten müssten vermutlich Nachteile in Kauf nehmen. „Bei Beförderungen stehen sie eher hinten dran.“ Das Bereitschaftspolizeipräsidium Göppingen prüft disziplinarrechtliche Konsequenzen für den Beamten, der seinen Strafbefehl angenommen hat. Die Folgen können von einer Rüge bis zu einer Degradierung reichen.

Der Innenexperte der Grünen-Fraktion, Uli Sckerl, erinnerte an den Untersuchungsausschuss zum Polizeieinsatz im Schlossgarten. Eines seiner Ergebnisse sei die politische Verantwortung Mappus' für den völlig aus dem Ruder gelaufenen Polizeieinsatz gewesen. Es sei auch klar geworden, dass die entscheidende Einsatzbesprechung im Dienstzimmer des damaligen Ministerpräsidenten in der Villa Reitzenstein stattgefunden habe - eine Besprechung, zu der Mappus selbst die Polizeiführung gedrängt habe.

Sckerl: Verfahren zur Klärung der Verantwortung schnell eingestellt

„Die Verfahren zur Prüfung der dienst- und strafrechtlichen Verantwortlichkeiten der politischen und polizeilichen Führungsebene sind damals sehr schnell eingestellt worden“, monierte Sckerl. Die echtliche Bewältigung des „Schwarzen Donnerstags“ habe sich dadurch neben den vielen Verfahren gegen Bürger auf Polizisten beschränkt, die im wesentlichen Befehle befolgt hätten. Aber auch für sie gelte die Verpflichtung, Gesetze und Dienstvorschriften zu befolgen.