Künftig sollen ICE nicht mehr über die Geislinger Steige rollen. Foto: dpa

Der Bau der ICE-Trasse von Wendlingen nach Ulm bereitet dem Bund erhebliche Probleme.

Stuttgart -  Der Bau der ICE-Hochgeschwindigkeitsstrecke von Wendlingen nach Ulm bereitet dem Bundesverkehrsministerium erhebliche Probleme. Zwar ist die Wirtschaftlichkeit des 60 Kilometer langen Gleisbaus am Donnerstag durch Gutachten bestätigt worden, doch dem Bund als Hauptzahler fehlen noch mindestens 865 Millionen Euro. Minister Peter Ramsauer (CSU) sucht Geldquellen, die seinen Haushalt nicht belasten. Der Bundesrechnungshof erwartet, dass die Kosten noch deutlich steigen.

Ende Juli hatten Bahn-Chef Rüdiger Grube und Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) die Baukosten für das zeitsparende Stück Strecke nach Ulm erheblich korrigiert. Der Schienenweg, der von Dezember an gebaut und Ende 2019 freigegeben werden soll, wird laut Grube 2,89 statt 2,025 Milliarden Euro kosten.

Finanziert ist nur die geringere Summe. Dafür war im Dezember 2009 ein Vertrag geschlossen worden: Das Land steuert bis 2015 - ein Novum - 950 Millionen Euro bei. Den Rest hat der Bund zu erbringen. Dieser "Rest" hat sich mit der Neuberechnung der Bahn fast verdoppelt. Die Aufwendungen des Bundes wachsen von 2016 bis 2020 von 1,075 auf 1,94 Milliarden. Pro Jahr müssen rund 400 Millionen Euro bereitgestellt werden. Das ist ein Drittel des Etats, der für Schienen-Neubauten in der gesamten Republik zur Verfügung steht.

"Tatsächlich dürften die Kosten noch höher sein"

Dass damit alle Risiken abgedeckt sind, bezweifelt der Bundesrechnungshof. Die unabhängige Behörde hatte die Bahn 2008 wegen ihrer Kalkulation für Stuttgart 21 und die Strecke kritisiert. Die Bonner Prüfer hatten für den Haushaltsausschuss des Bundestags eine Expertise gefertigt und sich dabei auf die Erkenntnis gestützt, dass bei der Bahn große Tunnelstücke in der Regel 60 Prozent teurer werden als zunächst geplant.

Der Rechnungshof kalkulierte Stuttgart21 und die Strecke Wendlingen-Ulm selbst. Stuttgart21 werde nicht 2,8, sondern 5,3 Milliarden Euro kosten, die Strecke (Tunnelanteil: 50 Prozent) nicht 2,025, sondern "mindestens 3,2 Milliarden Euro". Das sei allerdings nur eine Momentaufnahme: "Tatsächlich dürften die Kosten noch höher sein. Die Mehrkosten sind nicht durch den Bundeshaushalt gedeckt", schließt der Bericht. Die Bahn hatte das Papier damals als Werk von Laien abgetan. Die Rechnung sei "nicht nachvollziehbar", Stuttgart 21 "solide kalkuliert". Inzwischen steht man beim Bahnhofsprojekt offiziell bei 4,1 Milliarden. Um die zu erreichen, müssen fast 900 Millionen Euro Einsparungen erzielt werden.

Mitarbeiter des Rechnungshofs haben Ramsauers Präsentation des Bedarfsplans für die Bundesschienenwege mit Stuttgart21 und Strecke am Donnerstag verfolgt. Eine Äußerung dazu gibt es nicht. Allerdings halten die Prüfer ihre Zahlen von 2008 nach wie vor für realistisch. "Wir sehen uns bestätigt und nehmen an, dass die Zahlen bald eintreten werden", so ein Sprecher der Behörde. Bauwerke würden "mit der Zeit nicht billiger werden".

In Ramsauers Verkehrsministerium sucht man nach Finanzierungsquellen. Staatssekretär Professor Klaus-Dieter Scheurle weckte im Haushaltsausschuss des Bundestags die Hoffnung, dass es Kassen außerhalb des Bundes geben könnte. Er sprach von "Drittmitteln". Beteiligt sich also das Land noch weiter oder die Bahn an den Streckenkosten? Ramsauers Pressestelle will dazu keine Stellung nehmen.