Die Bahn erhält wegen der Kostenexplosion und der unsicheren Projektfinanzierung für Stuttgart 21 kein Geld mehr vom Bund. Hier Bilder aus dem ... Foto: dpa

Ohne eine abschließende Finanzierung fließen keine weiteren Zuschüsse. Ministerpräsident Kretschmann greift Bahnchef Grube scharf an.

Stuttgart - Die Bahn erhält wegen der Kostenexplosion und der unsicheren Projektfinanzierung für Stuttgart 21 kein Geld mehr vom Bund. „Voraussetzung für weitere Baufreigaben in finanzieller Hinsicht ist, dass die Gesamtfinanzierung gesichert ist. Dies ist vom Vorhabenträger nachzuweisen“, heißt es im Bundesverkehrsministerium.

Bis Ende 2012 hatte der Bund drei Raten für sogenannte Meilensteine bezahlt. Für den Grunderwerb in der Sängerstraße und das Postgebäude 7,9 Millionen, für die Teil-Fertigstellung des Gleisvorfelds 5,297 Millionen und für die geplante Untertunnelung von Messehallen am Flughafen zuletzt am 22. Dezember 2012 exakt 10,051 Millionen Euro. Weitere vertraglich vereinbarte Meilensteine beschrieben den „Beginn und Fortschritt der geplanten Tunnel“, sagt eine Sprecherin des Ministeriums.

Die bisherigen Zahlungen, insgesamt 23,248 Millionen Euro, liegen weit unter den im S-21-Finanzierungsvertrag beschlossenen Jahresraten, was einen Hinweis auf den schleppenden Baufortschritt gibt. Bereits 2009 sollten 20, 2010 und 2011 jeweils 18 und 2012 sogar 52 Millionen Euro vom Bund bezahlt werden. Er begleicht 564 an den bisher finanzierten 4,5 Milliarden Euro Baukosten.

Klage-Ankündigung verschärft Ton zwischen Bahn und Land

Am 5. März soll der Bahn-Aufsichtsrats darüber entscheiden, ob der Konzern 1,675 Milliarden Euro Mehrkosten übernimmt. In der mittelfristigen Finanzplanung sollen zwei Milliarden stehen. Die Differenz soll noch eingespart werden. Mehr als eine Milliarde Euro will sich die Bahn vom Land vor Gericht wieder holen. Im ARD- „Morgenmagazin“ sagte Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU), Stuttgart 21 könne nicht „auf null“ zurückgestellt werden.

Die Klage-Ankündigung von Bahn-Chef Rüdiger Grube hat den Ton zwischen Bahn und Land verschärft. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) wies am Dienstag den Vorwurf von Grube zurück, sein Unternehmen müsse das Projekt „mit doppelt angezogener Handbremse“ verwirklichen. „Der Motor ist ja noch gar nicht angesprungen“, sagte Kretschmann und verwahrte sich gegen Unterstellungen, die Grünen behinderten Stuttgart 21. Sämtliche Verzögerungen gingen auf das Konto der Bahn, konterte Kretschmann: „Wir können uns das nicht weiter gefallen lassen, mit solchen Vorwürfen kann’s nicht weitergehen.“ Die Klageandrohung Grubes nannte Kretschmann „Säbelrasseln“, dem die Regierung gelassen entgegensehe. Er begrüße die Klage nicht, denn sie sei nicht hilfreich für den Fortgang des Projekts.

„Wir haben hier sehr erfahrene und engagierte Mitarbeiter“

Auch Stuttgarts OB Fritz Kuhn (Grüne) antwortete auf Grubes Ankündigung. „Man baut keinen Bahnhof mit Klagen vor Gericht, erst recht nicht gegen die Bürgerinnen und Bürger, die es ja bezahlen sollen“, sagte Kuhn am Dienstag. Den von der Bahn behaupteten „behördlichen Schwergang“ gebe es in Stuttgart nicht: „Wir haben hier sehr erfahrene und engagierte Mitarbeiter.“ Kuhn erinnerte daran, dass die Bahn für ihre Planungen immer wieder auch unvollständige oder fehlerhafte Unterlagen eingereicht habe. Grube werde durch seinen eigenen Konzern widerlegt, sagt das Verkehrsministerium. Die Bahn sage, „das Regierungspräsidium Stuttgart als Anhörungsbehörde hat keine Verzögerungen bei der Projektabwicklung verursacht“.

Während CDU, SPD und FDP im Landtag eine Resolution für Stuttgart 21 verabschiedeten, brachte der Verkehrsclub Deutschland (VCD) die Anbindung der Neubaustrecke Wendlingen–Ulm an den Kopfbahnhof ins Gespräch. Bis zu sechs schnelle Züge pro Stunde könnten die Strecke ab Wendlingen befahren. Sie sei auch ohne Tiefbahnhof sinnvoll. Dem trat S-21-Sprecher Wolfgang Dietrich entgegen. Ohne Stuttgart 21 seien weder Bund noch Land an Finanzzusagen für die Strecke gebunden, deren Wirtschaftlichkeit sei fraglich. Der SPD-Abgeordnete Claus Schmiedel hatte erklärt, ohne S 21 gebe es nach Ulm trotz neuer Strecke keine Fahrzeitverkürzung. DB-Unterlagen belegen aber, dass die Reisezeit auch mit Kopfbahnhof von 55 auf 39 Minuten sinkt.