Auf einem Teil der freien Baufläche kann zum Einkaufszentrum Milaneo (rechts) das letzte Hochhaus in der City entstehen. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Auf dem Gelände hinter dem Stuttgarter Hauptbahnhof könnte ein weiteres Hotel entstehen. Diese Nutzung scheint für das letzte von drei möglichen Hochhäusern angesichts des Grundstückspreises und der Vorgaben im Bebauungsplan die wirtschaftlichste.

Stuttgart - Wenn im Berliner Bahntower das Projekt Stuttgart 21 aufgerufen wird, dann stehen oft große Zahlen zur Debatte. In den nächsten Wochen soll es wieder um etliche Millionen gehen. Doch die Vorstandsebene um ihren Sprecher Rüdiger Grube darf sich entspannen, der Wert steht auf der Haben-Seite. Auf rund 18 Millionen Euro spekuliert die Bahn AG beim Verkauf ihres nur 1768 Quadratmeter großen Grundstücks. Die Fläche zwischen der Stadtbibliothek und der Heilbronner Straße darf mit einem, ab der Straßenkante gemessen, 60 Meter hohen Gebäude belegt werden. Es ist der letzte von drei Hochhaus-Standorten in der City.

Angebot und Nachfrage haben den Preis für das erst Ende 2017 frei werdende Gelände – die Stuttgarter Straßenbahnen nutzen es noch, um ihren Stadtbahntunneln den entscheidenden Schwenk ins Neubaugebiet zu geben – in den vergangenen Monaten wie beim Monopoly sprunghaft steigen lassen. Von neun bis elf auf nun dem Vernehmen nach um die 18 Millionen Euro. Das wären etwa 10 180 Euro pro Quadratmeter. Wertvoller sind in Stuttgart nur Grundstücke an der Königstraße (20 000 Euro), zwischen der Stifts- und der Schulstraße und in einem Teil der Eberhardstraße (11 500 Euro). „Wir sind sehr weit gediehen in der Entscheidungsfindung“, sagt Klaus Schmid, bei der Bahn zuständig für den Geländeverkauf. Die Abstimmung im Konzern sei allerdings aufwendig und reiche in diesem Fall bis auf die Vorstandsebene.

Sorge der Anleger spiel Bahn in die Karten

Der grassierende Zinsverfall und die Flucht der Anleger ins Betongold spielen der Bahn beim Baufeld 5 im Europaviertel in die Karten. Vor Jahren fanden die Flächen eher zäh einen neuen Eigentümer, nun aber liefern sich eine Handvoll Firmen einen Bieterwettbewerb. Aus der Deckung gewagt hat sich bisher nur ein Baukonzern, der für die ECE das Einkaufszentrum Milaneo hochgezogen hat. Die Kölner Firma stellte eine Bauvoranfrage. Aber nicht wie in der Branche kolportiert für Luxuswohnungen im Turm, sondern für einen Beherbergungsbetrieb. Die Anfrage für das Hotel wurde positiv beschieden. Ein Interessent habe an die Errichtung von Wohnungen gedacht, seine Pläne aber nie „formalisiert“, also als Antrag oder Voranfrage eingereicht, sagt der stellvertretende Leiter des Baurechtsamts Rainer Grund.

Auf dem Dach des Milaneo entstanden zuletzt rund 400 Mietwohnungen, im Hochhaus an der Ecke Heilbronner/Wolframstraße (Cloud No. 7) gibt es teure Luxuswohnungen und 50 Appartements auf Zeit. Insgesamt lässt der Bebauungsplan dem Gelände nur 20 Prozent Wohnungen zu, „und diese werden schon heute ausgeschöpft“, so Grund. Für mehr müsste der Gemeinderat den Bebauungsplan ändern. Das ist unsicher und kostet sehr viel Zeit.

Büros wären zu teuer, bleibt die Hotellösung

Zeit ist etwas, was die Investoren im Regelfall nicht haben. Der Baukonzern aus Köln rechnet mit sechs Monaten Planung und einem dreimonatigen Architektenwettbewerb zur Fassadengestaltung. Auf die Nutzung wollen sich die Kölner nicht festlegen, die Frage, ob ein Hotel möglich wäre, sei aber „interessant“. Die Finanzierung sei kein Problem. Man sei in der komfortablen Lage, das Grundstück spekulativ zu erwerben. Ein Interessent aus Stuttgart ist in seine Absichten klarer. High-End-Wohnen schließt er aus, Büros ebenso, denn dazu würde jede Bank eine 50-prozentige Vorvermietung vor Baustart erwarten. Die nötigen Mietpreise für Büros im Turm seien in Stuttgart nicht zu erzielen, sagen Immobilienexperten.

Bleibt das Thema Hotel: Die Steigenberger-Gruppe, die sich im Cloud No. 7 einquartiert, sieht in Stuttgart weiteren Bedarf, andere auch. Die weltgrößte Hotelgruppe Marriott will hier offenbar erstmals Flagge zeigen. Die Spannweite von preisbewussten Zimmern bis zu Suiten soll abgedeckt werden. Im Hochhaus wäre in beiden Kategorien Platz für bis zu 400 Zimmer. „Der Bedarf für ein Hotel ist da. Eine neue Kongresshalle würde ihn weiter erhöhen“, sagt Tobias Fischer, Geschäftsführer der Cloud N0. 7 GmbH. Die Kongresshalle, für die die Stadtverwaltung Bedarf sieht, könnte auf der Freifläche neben dem Hotel oder später auf dem geräumten Gleisgelände hinter dem alten Bahnhofsgebäude entstehen. 18 Millionen für das Grundstück seien „ambitioniert“, sagt Fischer, schließlich seien „alle Preisfaktoren hochgegangen“. Seine Gesellschaft habe mit elf Millionen gleich viel geboten wie für das 2007 von ihr erworbene Baufeld 7 (Cloud 7), so Fischer.

Neue Kongresshalle würde Nachfrage verstärken

2012 sprach der städtische Gutachterausschuss dem Baufeld 7 einen Wert von 14,4 Millionen Euro zu. Mit Grundstück werde er rund 90 Millionen Euro investieren, so Fischer. Ein Preistreiber sei die aufwendige Fassade mit Glas- und Metallbrüstungen, für die erst jüngst zur Wolframstraße hin eine den Fenstern vorgesetzte zweite Scheibenebene beschlossen wurde.