Die Arbeiten mit der Ramme (links im Bild) sind abgeschlossen – vorläufig Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Aufatmen in Untertürkheim: Die Ramme schwiegt. Die Bewohner an der Benzstraße können nachts wieder schlafen. „Die Bahn hat die laufenden Arbeiten heute abgeschlossen“, hieß es überraschend am Freitagabend.

Stuttgart - Überraschend ist das Schweigen der Ramme deshalb, weil eigentlich geplant war, wie in dieser Woche auch in der nächsten in fünf aufeinanderfolgenden Nächten Spundwände per Vibrationsramme in den Boden zu treiben.

Eine Halbierung der Rammzeiten war angeblich möglich, weil die ausführende Baufirma die fürs Rammen „vorbereitenden und nachgelagerten Arbeiten“ vor und nach der jeweiligen Sperrpause der S-Bahn erledigt habe. Spundwände können nicht während des Zugverkehrs eingetrieben werden; da S-Bahnen aber an Wochenenden nach 1 Uhr im Stundentakt fahren, musste an Werktagen nachts gerammt werden. „Wir bedauern die Beeinträchtigungen der Anwohner, die diese ohne Zweifel hatten“, sagte Stuttgart-21-Sprecher Wolfgang Dietrich. Es gebe aber leider bei den anerkannten Techniken kein Bauverfahren, „das weniger lärmintensiv gewesen wäre.“

Für die Anlieger der S-21-Baustelle in Untertürkheim bedeutet dies, dass ihnen jetzt fünf Nächte Schlaf fehlen. Sie hatten sich an unsere Zeitung gewandt, nachdem einige Kinder weinend aufgewacht und in den Gebäuden durch die Vibration Gegenstände zu Boden gefallen waren. Ein Arzt hatte einen Anwohner nach Kopfschmerzen, Schwindelanfällen und Übelkeit krank geschrieben.

Die Anlieger hatten schon in der Nacht zum Montag versucht, die städtische S-21-Bürgerbeauftragte Alice Kaiser über den brachialen Dauerlärm der Ramme zu informieren. Sie habe der Bahn vorgeschlagen, die Menschen für die Zeit der Rammarbeiten anderweitig unterzubringen. „Aber die Bahn als bundesweit agierender Konzern wollte wohl keinen Präzedenzfall schaffen.“ Sie sei schon froh gewesen, das mit der Vibrationsramme ein „verträglicheres Bauverfahren“ angewandt worden sei als bei ähnlichen Arbeiten im Vorjahr. Damals waren in Untertürkheim Spundwände mittels eines Riesenhammers eingeschlagen worden.

Dass jetzt vergessen wurde, die Anwohner der Benzstraße vorab zu informieren, bedauere sie, sagt die Bürgerbeauftragte. Sie wolle aber „der Dorn im Fleisch“ sein und das Thema mit S-21-Projektchef Manfred Leger besprechen. Zudem seien Lärmmessungen erfolgt, die an die Aufsichtsbehörde Eisenbahnbundesamt gegeben würden.

Es spricht indes manches dafür, dass die Bahn die Rammarbeiten lediglich unterbrochen hat. Voraussichtlich im Dezember würde es noch einmal laut, hat Alice Kaiser erfahren, „dann aber wohl tagsüber“.