Die Bahn hat im Zuge von Stuttgart 21 inzwischen Baugruben ausgehoben – fehlt nur noch der Beton. Foto: Jan Reich

Diskutieren Sie mit - Die Bahn hat beim Tag der offenen Tür auf ihrer Baustelle im Schlossgarten Schautafeln mit einem Zeitplan gezeigt, bei dem 2021 noch der Rohbau läuft. Die Tafeln seien veraltet, sagt ein Projektsprecher.

Stuttgart - Stuttgart 21 heißt nicht Stuttgart 21, weil das Bahnprojekt Ende 2021 abgeschlossen sein soll. Der Titel sollte ein Projekt beschreiben, das den Bahnverkehr für das Jahrhundert sichert. Der Termin für die Fertigstellung hat sich aus diversen Gründen auf Ende 2021 verschoben. Nun könnte es noch später werden, jedenfalls, wenn man Infotafeln der Bahn glaubt.

Die erste reguläre Zugfahrt zum Fahrplanwechsel im Dezember 2021 scheint aus Sicht der Projektgegner nicht mehr erreichbar, denn die Bahn will laut ihrer eigenen Darstellung nun zwischen Schlossgarten und Kernerviertel noch im Januar 2021 die letzten Kubikmeter Beton gießen. Dann müssen Gleise gelegt, Fahrdrähte gespannt, Signal- und Sicherheitsanlagen eingebaut und ein einjähriger Probebetrieb absolviert werden. Die erste reguläre Abfahrt Ende 2021 wäre damit perdu.

Infotafel zeigt mögliches, aber altes Szenario

„Nach diesem Bauablauf ist die Inbetriebnahme 2021 endgültig nicht mehr haltbar“, sagt Eisenhart von Loeper, der Sprecher des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21. Man müsse nun wohl bis zum Jahr 2023 oder auf das Jahr 2024 warten.

Die Infotafel trägt nicht nur die Signets aller S-21-Projektpartner, sondern auch der Baufirma Züblin, die den Hauptbahnhof baut, und des Büros Boll und Partner. Ein renommierter Tragwerks- und Objektplaner aus Stuttgart, der Komplexität als Herausforderung versteht. Für die Stuttgarter Straßenbahnen (SSB) hat das Büro Teile der Entwurfsplanung und der Ausschreibung für die neue, in das S-21-Viertel hinter dem Bahnhof führende Stadtbahnlinie U 12 erbracht. Für die Bahn wurden Teile der Objekt- und Tragwerksplanung für den Nesenbach-Abwasserkanal gefertigt. Er liegt unter der Schillerstraße und dem Tiefbahnhof. Und auch an der neuen SSB-Haltestelle Staatsgalerie, für die die Vorbereitungen laufen, arbeitete Boll und Partner mit.

„Das kann schon sein“, kommentiert Winfried Reichle die gezeigten Daten, mit denen die Ingenieure den Bauablauf auf 18 Farbtafeln darstellten. die Tafeln zeigen schematisch, in welchen Schritten die Teile des neuen Abwasserkanals, die neue Haltestelle, die Stadtbahntunnel und der Tiefbahnhof gebaut werden. Ein Teil greift ins andere – kann aber den Baufortschritt auch hemmen.

SSB braucht vielleicht bis Anfang 2020 mit neuem Halt

Die SSB jedenfalls, sagt Reichle, würden im Mai 2016 mit dem ersten Teil ihres Haltestellenbaus starten. Bis August 2017 wird die Strecke zwischen Staatsgalerie und Charlottenplatz gekappt, es gibt Umleitungen über den Berliner Platz. Mitte 2018 will Reichle den zweiten Teil angehen, die neuen Stadtbahnröhren von der Staatsgalerie in Richtung Klett-Platz. Bis 2019, „spätestens bis Anfang 2020“ soll die Verbindung geknüpft sein. Auf der zum Tag der offenen Baustelle von der Bahn ausgehängten Infotafel schafft die SSB den letzten Lückenschluss unter der Schillerstraße tatsächlich im Januar 2020.

Die Bahn aber wird voraussichtlich schneller sein als auf den Schaubildern. Sie stammten aus einem Workshop, „der sich mit verschiedenen Terminszenarien beschäftigte“, sagt ein Projektsprecher. Damit sollten gegenseitige Abhängigkeiten der Arbeiten transparent gemacht werden, als Grundlage, „um rechtzeitig Gegensteuerungsmaßnahmen ergreifen zu können“. Das Szenario sei veraltet, der Rohbau werde deutlich früher fertig. 2021 sei der Bahnhof , „nach allem, was bisher bekannt ist“, fertig.

Bahn-Vorstand Kefer kennt Terminnot

Im jüngsten Stuttgart-21-Lenkungskreis, dem obersten Beschlussgremium der Projektpartner, hatte Bahn-Vorstand Volker Kefer im November 2015 den verzögerten Baufortschritt eingeräumt. 2021 sei „das kritische Thema“. Um den Termin zu halten, gebe es „Handlungsbedarf“, es seien „erhebliche Gegensteuerungsmaßnahmen nötig“.

Die Bahn sei tatsächlich „gerade dabei, alles Mögliche vorzuziehen“, sagt Reichle. Er sei für 2021 „zuversichtlicher als früher“. Dann müsste die Bahn Gas geben. 2013 war der erste Rohbauschritt für 2014 vorgesehen. Die 2,5 Meter starke Bodenplatte darf aber noch immer nicht betoniert werden, weil Freigaben fehlen. Möglich sind nur die ersten zehn Zentimeter.