Für die Reisenden auch im Brandfall laut Bahn sicher: Tiefbahnhof Foto:  

Die Bahn zeigt sich zuversichtlich, bis im Juli die Genehmigung für ihr verändertes Brandschutzkonzept im Stuttgart-21-Tiefbahnhof zu erhalten. Prüfgutachten bestätigten ihre neue Planung.

Stuttgart - Der Brandschutz im neuen Tiefbahnhof, Herzstück des Bahnprojekts Stuttgart 21, war im September 2012 durch die Veröffentlichung des Gutachtens der Schweizer Gruner AG massiv in die Kritik geraten. Die Eidgenossen sahen schwere Mängel und „kein gesamthaftes, funktions- und genehmigungsfähiges Konzept“. 19 Monate später scheint der Bauherr Bahn AG die Probleme gelöst zu haben.

„Die Anlage ist sicher“, sagte Klaus-Jürgen Bieger, oberster Brandschutzbeauftragter im Bahn-Konzern, am Dienstag unserer Zeitung. Bieger war in den letzten Monaten so etwas wie der oberste Feuerwehrmann in Sachen S 21. Dem politisch und mit Bahn-Fachleuten besetzen S-21-Lenkungskreis werden die Lösungen laut S-21-Sprecher Wolfgang Dietrich am 9. Mai präsentiert.

Die Änderungen waren gegenüber der bereits im Januar 2005 genehmigten Planung für den 900 Meter langen Tiefbahnhof nötig geworden, weil Vorschriften verschärft wurden. So stieg die Brandlast (zum Beispiel durch brennbare Flüssigkeiten in den Zügen) von zehn über 25 auf 53 Megawatt. Die Zahl der Reisenden, die sich in der Spitzenstunde gleichzeitig in der Halle aufhalten, sei von 10 000 im Jahr 2003 auf 16 000 „gesprungen“, so Bieger.

Die Bahn musste nachbessern und hat – erstmals überhaupt für eines ihrer Bauvorhaben in der Republik – ihr neues Konzept zur Entrauchung nicht nur einem, sondern gleich zwei Prüfgutachtern (auch dem Büro HHP in Berlin) vorgelegt. Bieger: „Die Ergebnisse sind positiv für uns.“ Das Konzept werde anhand dieses Drittgutachtens überarbeitet, Anregungen gingen in die Ausführungsplanung für die Baufirmen ein. Die Mehrkosten liegen bis zwölf bis 14 Millionen Euro.

Wesentliche Verbesserungen bringe ein neues Entrauchungsmanagement mit einer verbesserten Detektion, also der Erkennung von Brandstellen, und einer leistungsfähigeren Rauchabsaugung aus der Bahnhofshalle. Die Entrauchungsplanung werde ein Schweizer Unternehmen übernehmen.

Das prinzipielle S-21-Rettugnskonzept sieht vor, dass ein brennender Zug in den Tiefbahnhof fährt oder rollt, die Fahrgäste sich dort in Sicherheit bringen und dort auch gelöscht wird. Die Bahnhofshalle aber hängt an zwei Seiten mit dem 60 Kilometer langen Tunnelsystem zusammen, was die Planung der Entrauchung verkomplizierte. „Wir haben ein offenes thermodynamisches System“, sagt Bieger dazu. Um die Ausbreitung des Rauches zu simulieren brauche man sehr leistungsfähige Computer und Zeit für die Berechnungen. Wichtig für die Bahn: Über die nun zusätzlichen und bei der Genehmigungsbehörde Eisenbahn-Bundesamt (Eba) beantragten acht Fluchttreppenhäuser hinaus müsse am Tiefbahnhof des Architekten Christoph Ingenhoven nichts geändert werden. Der Luftaustausch und die Rauchabsaugung erfolgt über drei Bauwerke am alten Pragtunnel (statt der auf dem Killesberg beim Augustinum vorgesehenen Anlage), sowie nahe der Heilbronner und der Wagenburgstraße. Die Detailplanung für diese Bauwerke soll bis Mitte 2015 abgeschlossen sein, sie berühre den Baustart im Schlossgarten aber nicht. Gebaut werden kann in der City allerdings erst, wenn das Eba auch die beantragte Verdoppelung des abzupumpenden Grundwassers erlaubt.

Entspannt zeigen sich Bieger und Dietrich auch bei der Frage zur Entfluchtung. Durch die verbesserte Absaugung blieben Rettungswege länger rauchfrei, den maximal 16 000 Reisenden bleibe damit genügend Zeit, sich in Sicherheit zu bringen. In wie vielen Minuten der Bahnhof menschenleer ist „kann ich noch nicht sagen“, so Bieger, man habe nun Reserven, sei bei der Personenzahl „hochgradig auf der sicheren Seite“. Die vom Land gewünschte Nachrechnung für den Verkehrsbedarf im Jahr 2025 werde die Rettung keinesfalls gefährden, die von der Bahn AG selbst erwartete Verdoppelung der Fahrgastzahl im Fernverkehr bis dahin sei schon jetzt berücksichtigt.

Abzuarbeiten bleibt für die Bahn noch die Forderung der Stuttgarter Feuerwehr, in den ungefüllten Löschleitungen in den Tunneln so schnell wie möglich Wasser zur Verfügung zu haben. Dazu plane er an zentraler Stelle sehr leistungsfähige Pumpen, sagt Bieger: „Wir werden 800 Liter Wasser pro Minute vier Kilometer weit drücken können. Das Wasser ist da, wenn die Feuerwehr da ist.“