Portal des künftigen Fildertunnels Foto: Leif Piechowski

Penible Beamte behindern Stuttgart 21 offenbar stärker als prozesswillige Gegner. Die Bahn jedenfalls beklagt, dass die Mitarbeiter der Behörden ihre Ermessensspielräume nicht ausschöpfen und so zur Bauverzögerung beitrügen.

Stuttgart - Penible Beamte behindern Stuttgart 21 offenbar stärker als prozesswillige Gegner. Diesen Eindruck hat Stefan Penn am Mittwoch vor Medienvertretern vermittelt. „Vorhandene Ermessensspielräume werden nicht in die richtige Richtung ausgenützt“, so der für Technik zuständige Geschäftsführer der Stuttgart-21-Projektgesellschaft. Noch anhängige Klagen etwa von Tunnel-Anrainern im Kerner-Viertel beim Verwaltungsgerichtshof stellen für S-21-Sprecher Wolfgang Dietrich dagegen „kein Risiko fürs Projekt“ dar.

Penns Kritik zielt unter anderem auf das Regierungspräsidium Stuttgart (RP): Aktuell würde die Bahn die Baustelle Fildertunnel gerne per eigener Autobahnauffahrt auf die A 8 direkt andienen, um den Bereich Fasanenhof von Lärm und Dreck zu entlasten. Mehr als im Gespräch darüber sei man mit dem RP eine Woche vor dem offiziellen Tunnelanstich jedoch nicht.

Der Abtransport des Abraums und die Anlieferung von Tübbingen – den Betonauskleidungselementen für die Tunnelschale – erfolgt bisher gemäß Baugenehmigung über das Gewerbegebiet Fasanenhof-Ost und die B 27 zur Autobahn. Die Lkw nähern sich dem Tunnelportal gewissermaßen kreisförmig. Er kenne kein anderes Projekt, bei dem die Vorgaben „bis zum letzten Komma“ eingehalten werden müsse, klagte Penn.

Auch beim Artenschutz gebe es mehr Ermessensspielraum als bisher ausgeschöpft, sagte Dietrich ergänzend. Noch immer könnten etwa im Rosensteinpark Bäume nicht gefällt werden, weil dort geschützte Juchtenkäfer vermutet wird. Ein Termin „ist nicht in Sicht“. Müssen die Bäume über das nächste Winterhalbjahr stehen bleiben, bekommt die Bahn ein ernstes Zeitproblem. Stuttgart 21 sei aber kein Projekt der Bahn, „sondern ein Gemeinschaftsprojekt des Landes, der Stadt und der Bahn“, so Dietrichs Appell. Immerhin werde Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) am 10. Juli bei der Taufe des Fildertunnels mit dabei sein.

Näher rückt auch der Spatenstich für den Tiefbahnhof – einen Termin will die Bahn nächste Woche nennen – und damit auch die Feuertaufe für das komplizierte zentrale Logistikkonzept. Der Baustellenverkehr soll weitgehend unabhängig von öffentlichen Straßen abgewickelt werden. Baustellenverkehr heißt: 2000 Lkw-Fahrten pro Tag in der Spitze zwischen der Baugrube am Bahnhof und der großen Logistikfläche am Nordbahnhof. Die dortigen Gleisanlagen für die Züge, auf die der Großteil der Aushubmassen umgeladen werden, seien bereit, im März 2015 sollen laut Stefan Penn alle Baustraßen fertig sein. Die Logistikfläche ist bereits teilweise in Betrieb. Seit Juni werden vorn dort Erdmassen per Zug abgefahren, zurzeit etwa 1000 Tonnen am Tag. Seit gestern verlassen zwei Transportzüge täglich den Bereich, ab August werden es drei sein.

Die Reinigung der Baustraßen übernimmt das städtische Entsorgungsunternehmen AWS. Es sei vertraglich vereinbart, dass dreimal die Woche gekehrt werde, gegebenenfalls öfter. „Ohne Dreck und Staub wird es nicht abgehen“, sagte der Projektleiter.

Im Blick behalte man auch die Feinstaubproblematik. In den Ausschreibungen habe die Bahn für alle Fahrzeuge der Baufirmen Rußpartikelfilter verlangt. Kontrollen dazu erfolgen stichprobenartig, so Penn.

Abgebaut werden demnächst auch die Reste der alten Bahnsteigüberdachung. Dietrich: Zwischen Bonatzbau und dem provisorischen Querbahnsteig „wird man im Oktober kein Restdach mehr sehen“.