Machen die drohenden Mehrkosten von mindestens 1,1 Milliarden Euro Stuttgart 21 für die Deutsche Bahn AG unwirtschaftlich? Foto: dpa

Stuttgart 21:Durch höhere Kosten würde das Projekt für den Konzern unwirtschaftlich – Alternative Ausbaupläne fehlen.

Stuttgart - Die Deutsche Bahn hat erstmals auch öffentlich eingeräumt, dass Stuttgart 21 erheblich teurer wird. „Insgesamt läuft es auf Kosten von sechs Milliarden Euro hinaus“, zitiert der Radiosender „hr-Info“ am Donnerstag einen Vertreter der Deutschen Bahn AG. Die neue Summe läge um 1,5 Milliarden Euro über der bisher von allen Partnern vereinbarten Finanzierungsgrenze von 4,526 Milliarden.

Die Konzernzentrale in Berlin wollte die sechs Milliarden Euro auf Anfrage nicht bestätigen. „Interne Bahn-Zahlen“ würden am kommenden Mittwoch dem Aufsichtsrat des Bundesunternehmens vorgelegt und zuvor nicht veröffentlicht, so ein Sprecher.

Grube: Stuttgart 21 rechnet sich bis zu 4,769 Milliarden Euro

Die Tagesordnung für den Aufsichtsrat sieht vor, dass sich das Kontrollgremium im Bahn-Tower am Potsdamer Platz zwei Stunden den Kosten- und Finanzierungsproblem widmet. „Zwei Stunden sind für den Aufsichtsrat eine sehr lange Zeit, für das Thema sind sie aber eigentlich viel zu kurz“, heißt es im Umfeld des Gremiums.

Mit der neuen Kostenprognose geraten nicht nur Bahn-Vorstandschef Rüdiger Grube und Technikvorstand Volker Kefer, sondern auch der Aufsichtsrat in erhebliche Probleme. Das Gremium hatte bei seiner Investitionsentscheidung am 9. Dezember 2009 eine bindende „absolute Risikobegrenzung“ beschlossen. Risiken über 4,5 Milliarden Euro hinaus müssten Stadt und Land allein tragen, die Bahn werde ansonsten aus dem Projekt aussteigen. Grube hatte einen Tag später in Stuttgart gesagt, dass sich Stuttgart 21 bis zu 4,769 Milliarden Euro für die Bahn betriebswirtschaftlich rechne. Darüber hinaus würde man Verluste schreiben. Ein Umstand, den der Aufsichtsrat nicht einfach akzeptieren kann – es sei denn, Grube kann darstellen, dass die Verluste bei einem Abbruch des Projekts noch höher wären. Grube und Kefer nehmen offenbar an, dass die Bahn allein 1,1 Milliarden Euro mehr zahlen muss. Dies seinen „Hypotheken aus der Vergangenheit, also Fehlplanungen und übersehene Kostenpunkte“, hieß es zu Wochenbeginn im Konzern. Für allgemeine Risiken soll darüber hinaus ein Sondertopf gebildet werden, in den alle Partner zahlen. Die haben aber bereits abgewunken.

Aufsichtsrat: Keine Konzeption für Projektabbruch

Im Aufsichtsrat gibt es die Befürchtung, dass auch sechs Milliarden für rund 60 Kilometer Tunnel und den Tiefbahnhof nicht ausreichen. Das Projekt sei noch nicht im Bau und „ein Fass ohne Boden“, so eine Stimme aus dem Gremium. Allerdings gebe es „keine Konzeption für die Zeit danach“, also nach einem Projektabbruch.

Pläne für einen alternativen Leistungsausbau präsentierte in der Stuttgart-21-Schlichtung Heiner Geißler und das Schweizer Beratungsunternehmen SMA. Auch die S-21-Gegner haben Ideen. Am 12. Dezember wollen sie dazu vor der Bundespressekonferenz Stellung nehmen.