Rammarbeiten in Untertürkheim sorgten für großen Ärger Foto: privat

Bei Stuttgart 21 rumort es wieder. Zuerst gab es Krach bei Sprengungen, nun gibt es Ärger um die Haltung der Bahn-Verantwortlichen und um ihre Kontrolleure. Ein Anwohner-Netzwerk wirft dem Eisenbahn-Bundesamt vor, es komme seinen Aufsichts- und Informationspflichten nicht nach.

Stuttgart - Das Netzwerk Wangen/Untertürkheim der vom Bahnprojekt betroffenen Anwohner hat das Eisenbahn-Bundesamt (Eba) in Bonn ins Visier genommen. Der Aufsichtsbehörde für S 21 lägen wichtige Messprotokolle zu Lärm und Erschütterungen bei Bauarbeiten nicht vor. Sie wisse nicht einmal, wer diese Protokolle haben könnte. Daher bügele sie den Wunsch des Netzwerks ab, in die sogenannten Lärm- und Erschütterungsprotokolle Einblick zu bekommen. Dabei geht es um Sprengungen spätabends im November 2014 beim Tunnelbau in der Ulmer Straße in Wangen sowie um nächtliche Arbeiten am 10. und 11. Januar 2015 an der Rettungszufahrt Benzstraße in Untertürkheim.

Laut Netzwerk hat sich die Aufsichtsbehörde zwar für zuständig erklärt bei diesem Wunsch. Allerdings, so habe die Antwort gelautet, bestehe kein Anspruch auf Einsichtnahme, weil das Eba nicht über die angeforderten Unterlagen verfüge. Eine Weiterleitung sei nicht möglich, weil man die Stelle nicht kenne, die darüber verfüge.

„Dies ist ein weiterer Beleg, dass das Eba seinen Aufsichtspflichten nicht nachkommt und ein Offenbarungseid für diese Bundesbehörde“, urteilte Frank Schweizer vom Netzwerk Kernerviertel. Das Eba halte es nicht einmal für nötig, die Unterlagen bei der Bahn oder der Projektgesellschaft anzufordern, obwohl es dazu das Recht und die Pflicht habe. Das Eba war auf eine Anfrage um 14.40 Uhr am Dienstag außerstande, sich noch am selben Tag zu den Vorwürfen zu äußern. Ein Sprecher der Bahn sagte, die Auswertung der Messungen vom  Januar laufe noch. Danach würden die Protokolle im Internet veröffentlicht. Die Protokolle vom November seien schon eingestellt.

Geäußert hatten sich zur Lärmproblematik am Dienstagvormittag im Gemeinderatsausschuss für Umwelt und Technik schon der Bahn-Mitarbeiter Florian Bitzer und der Immissionsschutzbeauftragte Peter Fritz. Letzterer sagte, die nächtlichen Sprengungen mit Überschreitung der Grenzwerte in Wangen seien nicht zulässig gewesen. Es habe ein Missverständnis gegeben, ob die Technische Anleitung Lärm oder die Allgemeine Verwaltungsvorschrift Baulärm maßgebend seien. „Inzwischen verhält sich die Baufirma entsprechend.“

Bitzer sagte, Arbeiten wie in Untertürkheim seien auch nachts mit Überschreitung der Grenzwerte möglich, wenn es tagsüber zu Betriebseinschränkungen auf Gleisen kommen würde. „Weil das Vorhaben im öffentlichen Interesse liegt, darf dem Bürger da mehr zugemutet werden“, sagte er. Die Bahn biete in derartigen Fällen Anwohnern auch Hotelübernachtungen an. Nächtliche Arbeiten wie in Untertürkheim seien im ersten Quartal 2015 aber nicht mehr geplant.

Im Ausschuss gab es dennoch Kritik. Das Eba sei „nicht kommunikationsfähig“, rügte Peter Pätzold (Grüne). Der Bürger werde herum geschickt. Die Stadt erkläre sich im Zweifel für nicht zuständig, sei aber immerhin Projektpartnerin. Sie müsse künftig viel mehr Mittlerin zwischen Eba und Bürgern sein. Dem Bahn-Vertreter Bitzer hielt er nach dessen Vortrag über Lärm, Lärmschutz und Informationsverhalten der Bahn vor, Theorie und Praxis klafften auseinander. Auch Gangolf Stocker (SÖS) forderte Verbesserungen. Philipp Hill (CDU) meinte, bei einem so großen Projekt gebe es „Lücken“. Aus Fehlern wolle die Bahn lernen. Der Bürger könne Informationen bekommen. Wie man da solche Kritik äußern könne wie die Grünen, verstehe er nicht.