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Nach Beschädigung am Bahnsteigdach vor zwei Wochen stehen die Arbeiten am Bahnhof weiter still.

Stuttgart - Eine falsche Baggerbewegung, und schon ist es passiert. Bei den Abrissarbeiten am Südflügel erwischt das schwere Gerät am 19. März nicht nur die Rückwand des Gebäudes, sondern auch eine eingebaute Stütze des Bahnsteigdachs. Am Gleis 16, kurz vor dem Prellbock, knickt der gläserne Dachvorhang ein und hängt über dem Gleis. Fahrgäste werden nicht verletzt, auch der bereitstehende Regionalexpress nach Aalen bleibt unbeschädigt. Der Zug kann den Hauptbahnhof noch verlassen, danach wird die Unfallstelle provisorisch gesichert und abgesperrt.

Und das bis heute. Denn besondere neue Erkenntnisse haben sich seit dem Zwischenfall nicht ergeben. „Die Arbeiten am Südflügel ruhen nach wie vor“, bestätigt eine Bahnsprecherin. Es habe eine Begehung des Geländes gegeben, das eingeknickte Dach sei abgestützt worden. Doch weil der genaue Schaden noch nicht klar sei, könne man derzeit die Abrissarbeiten am nur zum Teil geschleiften Südflügel aus Sicherheitsgründen nicht fortsetzen. Auch die Gleise 15 und 16 bleiben gesperrt. Zu großen Beeinträchtigung führe das aber nicht, so die Sprecherin. Betroffene Züge würden auf andere Gleise umgeleitet. Lediglich einige Minuten Verspätung könnten bei manchen Verbindungen entstehen.

Gutachten wohl erst Anfang Mai

Nach Recherchen unserer Zeitung dürfte sich an diesem Zustand so schnell nichts ändern. Die Ermittlungen der Bundespolizei laufen noch. Bevor die nicht abgeschlossen sind, gilt eine Fortsetzung der Abrissarbeiten als unwahrscheinlich. „Derzeit ist ein Gutachter beauftragt. Wir erwarten ein Ergebnis nicht vor Ende April oder Anfang Mai“, sagt Cora Thiele, Sprecherin der Bundespolizeidirektion Stuttgart. In wie weit sich das auf die Abrissarbeiten auswirke, könne sie nicht sagen. Es ist aber kaum vorstellbar, dass sie wieder aufgenommen werden, bevor ein Ergebnis vorliegt.

„Wir brauchen einen belastbaren Stand der Dinge“, sagt die Bahnsprecherin. Zumal offen ist, zu welchen Schlussforderungen das Gutachten kommt. Der Abriss könnte also für Monate ruhen.

Völlig menschenleer ist die Baustelle dennoch nicht. Derzeit laufen die Vorbereitungen, um das Hallendach endgültig abzustützen. Dafür muss es angehoben werden. Um Platz dafür zu schaffen, wird sämtliches Abbruchmaterial abgefahren. Eine Gefährdung für die Reisenden im Hauptbahnhof bestehe durch die Situation nicht, sagt die Bahnsprecherin. Der Betrieb laufe weit gehend reibungslos.

Ursprünglich hätte der Südflügel bis Ende März verschwunden sein sollen

In Verzug bringe der Zwischenfall das Projekt Stuttgart 21 nicht, betont man bei der Bahn. „Die Abrisspause bewirkt keine größeren Komplikationen“, so die Sprecherin. Ursprünglich hätte der Südflügel bis Ende März verschwunden sein sollen. Begonnen hatten die Arbeiten unter Protesten der Projektgegner am 30. Januar. Ohnehin wäre der Zeitplan nicht eingehalten worden: Wegen der Frostphase im Februar hätte sich der Abbruch laut Bahn auch ohne den Unfall bis in den April gezogen. Jetzt dürften noch einige Wochen dazu kommen.

Angesichts der zuletzt bekannt gewordenen Verzögerungen dürfte die neuerliche in der Tat nicht groß ins Gewicht fallen. Bei der jüngsten Sitzung des Lenkungskreises aller Projektpartner am 23. März musste Bahn-Technikvorstand Volker Kefer erhebliche Probleme beim Bau des Tiefbahnhofs einräumen. Weil die Pläne für das Grundwassermanagement geändert und genehmigt werden müssen, kann die Anlage frühestens im Januar 2013 in Betrieb gehen. Dazu kommen die Verzögerungen durch Schlichtung und Volksabstimmung. Deshalb sollen die ersten Züge nicht wie bisher vorgesehen Ende 2019, sondern erst ein Jahr später im neuen Bahnhof halten. Bis dahin ist dann auch das Bahnsteigdach hinfällig geworden.