Die Lebensmitteltechnologen Ralf Schweiggert und Julian Aschoff (rechts) untersuchen im Labor eine Orangensaft-Probe Foto: Julia Barnerßoi

Ein Gruppe Lebensmitteltechnologen der Universität Hohenheim hat herausgefunden, dass Orangensaft besser ist als sein Ruf. Besonders in den USA ging die Nachricht herum wie ein Lauffeuer.

Hohenheim - Julian Aschoff hat ein Herz für Orangen. Oder besser gesagt für den Saft aus der Zitrusfrucht. „Orangensaft hat einen schlechten Ruf“, erklärt der Doktorand an der Universität Hohenheim. Er enthält viel Zucker und werde daher oft verteufelt, manchmal sogar mit Cola verglichen. Für seine Doktorarbeit machte es sich der 29-Jährige deshalb zur Mission, zu untersuchen, ob der Fruchtsaft nicht besser ist als sein Ruf. Mit einer Gruppe von Forschern des Instituts für Lebensmittelwissenschaft und Biotechnologie um den renommierten Professor Reinhold Carle begann er vor drei Jahren mit der Studie.

Inzwischen haben die Ergebnisse der Wissenschaftler besonders in den Vereinigten Staaten die Runde gemacht. Nach einer Publikation in einem führenden amerikanischen Journal für Lebenmittelchemie vermeldeten zahlreiche Zeitungen und Fernsehsender in den USA die Erkenntnisse der Hohenheimer Forscher. Denn Aschoff und seine Kollegen konnten tatsächlich herausfinden, dass wichtige Inhaltsstoffe wie etwa Vitamin C im Orangensaft besser aufgenommen werden können als beim Essen der ganzen Frucht.

Der Zucker verhinderte wohl die Fördergelder

Drei Jahre und Hunderte Kilo Orangen hat die Wissenschaftler die Studie bis heute gekostet. Und den Lehrstuhl gut 60 000 Euro. Ihre Anträge auf Förderung der Forschung wurden allesamt abgelehnt. Die Wissenschaftler vermuten, dass dies mit der Zuckerdiskussion zusammenhängt.

Dass Orangen wie auch ihr Saft viel Zucker enthalten, liege in der Natur der Dinge. Ebenso, dass beim Safttrinken noch mehr Zucker aufgenommen wird, da ein Glas drei Orangen entspreche. „Drei Früchte würde hingegen keiner auf einmal essen“, sagt Aschoff. Das galt es mit der Studie aber auch nicht zu widerlegen. „Wenn man sich ausgewogen ernährt, wird man von einem Glas Orangensaft nicht fettleibig“, sagt Aschoff. „Man darf ihn eben nicht als Durstlöscher trinken“, erklärt sein Kollege Ralf Schweiggert.

Für ihre Erkenntnisse haben die Hohenheimer Lebensmittelforscher die Orange in fünf Aggregatzuständen im Reagenzglas untersucht. Die ganze Frucht, gemixt zum Smoothie, puren gepressten Saft, den Saft nach kurzer thermischer Behandlung und vollständig haltbar gemachten Saft. Dabei habe sich gezeigt, dass die Inhaltsstoffe im gepressten Saft besser aufgenommen werden können, als wenn man die Frucht isst. Noch etwas besser sei der Effekt nach einer kurzen thermischen Behandlung. Das entspricht dem Premiumsaft, der in jedem Supermarkt im Kühlregal zu finden ist.

Zwölf Probanden aßen und tranken für die Forschung

Weil die Forschung im Reagenzglas so erfolgreich war, haben Aschoff und seine Kollegen den Effekt nun auch am Menschen getestet. Zwölf Probanden mussten morgens jeweils eine Orange oder ein Glas Saft zu sich nehmen, danach wurde ihr Blut untersucht. Noch ist die Humanstudie nicht abgeschlossen, „aber es zeigt sich, dass die Ergebnisse in die gleiche Richtung gehen“, sagt Aschoff.

Rund ein Jahr wird es noch dauern bis der Orangenforscher seine Doktorarbeit abschließen wird. Wenn es so weit ist, wird er vermutlich mit einem Glas Orangensaft darauf anstoßen. Denn obwohl er sich täglich mit der Frucht befasst, hat er sie noch nicht satt. „Im Gegenteil“, sagt er, „jetzt trinke ich den Saft noch viel lieber“.