Viele Kinder von Alleinerziehenden erhalten keinen Unterhalt. Dadurch steigt auch das Armutsrisiko. Foto: dpa

Die Hälfte aller Kinder von Alleinerziehenden erhält keinen Unterhalt. Dabei haben es viele Mütter und wenige Väter schwer genug, alleine Erziehung und Beruf unter einen Hut zu bringen.

Gütersloh - Alleine ein Kind großzuziehen ist in Deutschland ein wachsendes Armutsrisiko. Eine am Mittwoch veröffentlichte Studie der Bertelsmann-Stiftung nimmt die Situation der Mütter und Väter in Ein-Eltern-Familien unter die Lupe und stellt fest: Wer in der Armutsfalle steckt, kann sich nur schwer selbst befreien - erst recht, wenn das andere Elternteil keinen Unterhalt zahlt.

Welche Daten zur Situation von Alleinerziehenden enthält die Studie?

Die Zahl der Alleinerziehenden steigt seit Jahren: Inzwischen ist jede fünfte Familie eine Ein-Eltern-Familie. 2,3 Millionen Kinder wachsen damit bei Alleinerziehenden auf, überwiegend bei der Mutter (89 Prozent). Von diesen Müttern sind 61 Prozent erwerbstätig. Weil sie sich neben dem Beruf meist ohne den Partner um Haushalt und Kinder kümmern müssen, arbeiten sie oft in Teilzeit (58 Prozent), dann im Schnitt mit 29,5 Wochenstunden rund fünf Stunden mehr als Mütter in Familien mit zwei Elternteilen. Dennoch sind Alleinerziehende besonders häufig armutsgefährdet.

Sind Ein-Eltern-Familien schlechter dran als Paarfamilien?

Ja, und zwar deutlich, wie gleich zwei Indikatoren zeigen. Sie sind etwa fünfmal häufiger von Sozialleistungen abhängig. Laut Studie erhielten im vergangenen Jahr 37,6 Prozent der Alleinerziehenden Hartz-IV-Leistungen, der Anteil der Paarhaushalte mit Kindern lag bei 7,3 Prozent. Die sogenannte Armutsrisikoquote zeigt die Unterschiede ebenso klar: 42 Prozent der Alleinerziehenden bezogen 2014 ein Einkommen, das weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens entsprach. Bei Paarfamilien lag die Quote bei 10,6 Prozent.

Welche Gründe sehen die Experten für das wachsende Risiko?

Als wichtige Ursache nennt die Bertelsmann-Stiftung ausbleibende Zahlungen des getrennt lebenden Elternteils: Drei von vier Kindern erhalten nicht, was ihnen zustehe. Die Hälfte bekommt gar nichts vom Unterhaltspflichtigen, obwohl es ihnen zusteht, ein weiteres Viertel zu wenig oder unregelmäßig Geld. Auch steuerlich seien Alleinerziehende trotz erhöhter Freibeträge noch immer nicht genauso gut gestellt wie Paare mit Kindern, kritisieren Verbände. Zu kurze Kita-Öffnungszeiten und wenig Flexibilität bei Arbeitgebern machen es Alleinerziehenden zusätzlich schwer auf dem Arbeitsmarkt.

Welche konkreten Verbesserungsvorschläge gibt es?

Fachleute halten eine Reform des Unterhaltsvorschusses für einen guten Hebel. Bislang springt der Staat bei ausbleibendem Unterhalt nur sechs Jahre lang und nur für Kinder unter zwölf Jahren ein. Zusätzlich brauche es bessere Durchsetzungsmöglichkeiten gegenüber den säumigen Väter oder Müttern. Grundsätzlich sei es wichtig, Alleinerziehende in der Familienpolitik stärker anzuerkennen - nur wer sie genauer in den Blick nehme könne Kinderarmut mit gezielten Maßnahmen wirksam bekämpfen, betonen die Experten.