Anzug nach Einzug: In der Wohngemeinschaft hat es inzwischen Tradition, dass jeder Mitbewohner an seinem ersten Geburtstag in der WG einen Ganzkörperanzug geschenkt bekommt. Mit den Kostümen gehen die Bewohner hin und wieder zusammen aus. Foto: Woydt

Bald beginnt das Sommersemester – und viele Studenten suchen nach einer Bleibe. In loser Folge berichten wir aus diesem Anlass, wie Studierende wohnen. Diesmal eine 15er-Weg von der Bernhauser Straße in Plieningen.

Plieningen - Hanna Kettnacker steht am Herd und kocht. Sandra Steiner und Alina Czuberny sitzen daneben. Die kleine Küche im ersten Stock ist ein beliebter Treffpunkt der Studentinnen, sie essen gemeinsam oder erzählen sich die Neuigkeiten des Tages. Die Drei wohnen zusammen. Und nicht nur sie. Insgesamt leben in dem Haus an der Bernhauser Straße in Plieningen 15 Leute.

Das zweite Mal Mitbewohner in der Riesen-WG

Hanna Kettnacker studiert an der Uni Hohenheim, wie die meisten ihrer Mitbewohner. „Zwei von uns arbeiten schon, und zwei andere promovieren“, sagt die 24-Jährige, die im ersten Semester Agrartechnologie studiert und den Master anstrebt.

In der Riesen-WG wohnt Hanna Kettnacker zum zweiten Mal. Das erste Mal allerdings eher als Dauergast. Sie war mit einem WG-Mitbewohner zusammen und deshalb öfters an der Bernhauser Straße. Als die Beziehung in die Brüche ging, musste sie wieder zurück in ihr Wohnheimzimmer an der Schwerzstraße. „Das Schlimmste daran war, wieder alleine essen zu müssen“, sagt Hanna Kettnacker. Dann der Glücksfall: In der 15er-WG wurde ein Zimmer frei, und die Studentin packte die Koffer.

Aber nicht nur fürs Essen findet sich in der WG fast immer ein Gegenüber. „Wir unternehmen viel zusammen in der Gruppe“, erzählt der Mitbewohner Felix Clemens. So grillt im Sommer eigentlich jeden Abend jemand auf dem kleinen Rasen hinter dem Haus. Oder die WG geht mehr oder weniger vollständig zu Festivals und ins Kino. Zum Beispiel war die Gruppe vor Kurzem in „Fifty Shades of Grey“, der berühmt-berüchtigten Roman-Verfilmung über eine SM-Beziehung. „Der Film war total schlecht, aber die Aktion war echt witzig“, sagt Alina Czuberny. Denn: Die jungen Leute waren in ihren bunten Onesies unterwegs. Das sind Ganzkörperanzüge, die aussehen wie Tiere oder Filmfiguren.

Die Ganzkörperanzüge haben Tradition

„Das mit den Onesies ist bei uns eine Tradition“, sagt Hanna Kettnacker. „Jeder neue Bewohner bekommt zu seinem ersten Geburtstag hier in der WG einen.“ Angefangen hatte das Ganze, als ein ehemaliger Mitbewohner von seiner Freundin einen solchen Anzug geschenkt bekommen hatte.

Es gibt aber auch Mitbewohner in der WG an der Bernhauser Straße, die gar keine Onesies brauchen. Neben den 15 Menschen leben in der WG nämlich noch zwei Kaninchen, eine Schildkröte, ein Tausendfüßler, Fische und Ben, ein wuscheliger Mischlingsrüde. Ben gehört Hanna Schmitz. Die 25-Jährige studiert nicht, sondern arbeitet und nimmt ihren Hund tagsüber mit. Abends und am Wochenende „wechseln wir uns auch immer ab und gehen auch mal mit Ben raus“, erzählt ihre WG-Kollegin Alina Czuberny.

Das Haus an der Bernhauser Straße 11 bestand ursprünglich aus drei getrennten Wohngemeinschaften; weil sich die Bewohner aber so gut verstehen, ist alles offener geworden. Im Erdgeschoss gibt es fünf bewohnte Zimmer, im ersten Stock sind es sechs, und im zweiten Stock leben weitere vier Leute. Als Treffpunkt für alle dienen in der Regel die Küchen.

Auch Abstand ist möglich

15 Leute unter einem Dach – das klingt turbulent. Wer Abstand braucht, bekommt ihn auch. „Wenn man seine Zimmertür zumacht, hat man in der Regel auch seine Ruhe“, sagt Hanna Kettnacker. Und wenn einer dem anderen mal auf den Keks geht, kommen sie aneinander vorbei. „Man sieht bei so vielen Bewohnern eh nicht immer dieselben Leute“, sagt Steffen Strube, der aus Kiel nach Hohenheim gekommen ist, um seinen Master in Agrarwissenschaften zu machen.

Nach dem gemütlichen Beisammensein in der Küche, dreht Hanna Schmitz mit ihrem Hund Ben noch eine abendliche Runde, Sandra Steiner und Alina Czuberny lernen für die Klausur am nächsten Tag, und Hanna Kettnacker isst endlich das eben gekochte Abendessen.