Umweltfreundliche Alternative zum Salz: Granulat aus Lava. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Die Meteorologen haben Eisregen angekündigt. Umsichtige haben vorgesorgt und Streumittel im Haus. Zumeist handelt es sich um Salz – trotz Verbots das beliebteste Mittel gegen Glatteis vor der Haustür.

Stuttgart - „Spätestens um Mitternacht geht’s los“, sagt der Meteorologe vom Dienst beim Deutschen Wetterdienst. Er meint den Regen, der auf dem ausgekühlten Boden ruck, zuck zu Eis gefriert. Blitzeis wird das Phänomen deshalb landläufig genannt.

Wer als Mieter Kehrwoche hat oder als Hausbesitzer für die angrenzenden Gehwege zuständig ist, musste sich am Freitagmittag für den Fall der Fälle rüsten und Streugut einkaufen. Die Baumärkte haben es pallettenweise auf Lager, doch die Kundschaft war augenscheinlich eher wegen Lampen oder Latten unterwegs. Nur eine Dame wuchtete unter Mühen einen 25-Kilo-Sack mit Splitt in ihren Kofferraum – einen von drei vorrätigen.

Wenig Vertrauen in die Wirkung von Steinchen

Der Rest: Berge von Streusalz. „Bevor ich verklagt werde, wenn jemand bei mir vorm Haus stürzt, und bevor jeder die Steinchen mit den Schuhen ins Haus trägt, nehme ich lieber Salz“, sagt einer. Und die Sprecherin eines Baumarkts im Landkreis Esslingen bestätigt: „Die Abverkäufe von Salz sind bei uns deutlich höher als die von Splitt.“

Das ist erstaunlich, zumal Stuttgart und die meisten Kommunen in den umliegenden Landkreisen die Verwendung von sogenannten Auftausalzen zum Schutz der Böden und des Wassers verboten haben. „Nur im Extremfall gibt es Ausnahmen“, sagt Annette Hasselwander vom Stuttgarter Abfallwirtschaftsbetrieb, in dessen Verantwortung die Straßenreinigung und der Winterdienst fallen. Dies sei bei Blitzeis der Fall, „aber der Einsatz solcher Mittel ist so gering wie möglich zu halten“.

Mehr als 20 Winterdienstfahrzeuge im Einsatz

Der Winterdienst ist in Stuttgart für 1409 Kilometer Fahrbahnen, 244 Kilometer Gehwege, 3162 Fußgängerüberwege, 19 685 Stäffele, 10 Kilometer Radwege und einige wenige öffentliche Parkplätze zuständig. In der Nacht zum Samstag sind die Mitarbeiter von 17 Uhr an bis in die Morgenstunden mit 21 Winterdienstfahrzeugen im Einsatz, damit kein Verkehrsteilnehmer ins Schleudern kommt. „Die streuen bei Bedarf präventiv mit reiner Sole oder Feuchtsalz“, so Annette Hasselwander. In den Morgenstunden werde dann, abhängig von der Wetterlage, entschieden, ob das Stadtgebiet weiterhin mit allen 21 Winterdienstfahrzeugen abgefahren werden müsse.

Dass ausgerechnet während des Feinstaubalarms die Radwege an vielen Stellen vereist oder schneebedeckt waren, hat etliche Radler erzürnt. Zumindest die Hauptrouten, fordern nun die Grünen-Stadträtinnen Christine Lehmann und Anna Deparnay-Grunenberg in einem Antrag, sollen „vor allem an Tagen mit Feinstaubalarm“ von Schnee und Eis befreit werden. Insbesondere die Rampe zum Wasen an der König-Karls-Brücke habe sich in den vergangenen Tagen „auf ganzer Breite als Rutschbahn“ dargestellt, so die Grünen. Rutschige Radwege aber „konterkarieren“ das Bemühen der Stadt, Autofahrer von alternativen Verkehrsmitteln zu überzeugen.

Dem Abfallwirtschaftsbetrieb fehlt dazu freilich das Geld, wie einer Beschlussvorlage aus dem Oktober 2015 zu entnehmen ist. Das Umweltamt der Stadt befürwortet die Ausweitung des Winterdienstes auf Radwegen, doch weder die Finanzverwaltung noch der Gemeinderat haben bisher ein Budget dafür zur Verfügung gestellt.

Temperatur steigt wieder

In anderer Beziehung ist der Winterdienst durchaus im Sinne des Luftreinhalte- und Aktionsplans der Stadt unterwegs: Der Ausschuss für Umwelt und Technik und der Betriebsausschuss Abfallwirtschaft haben im Herbst vergangenen Jahres beschlossen, dass Splitt künftig öfter als bisher von Geh- und Radwegen weggekehrt werden soll. Man erhofft sich durch die von Steinchen befreiten Wege eine geringere Staubentwicklung.

Das Blitzeisphänomen ist an diesem Samstag voraussichtlich wieder vorüber. „Es wird dann nur noch ein paar Tropfen regnen, und bis Mittag ist das Eis auf den Straßen vollends geschmolzen“, sagt der Meteorologe vom Deutschen Wetterdienst. Wer in der Nacht zum Samstag schön daheim blieb und die Decke über den Kopf gezogen hat, ist möglichen Schlitterpartien entkommen, denn am Montag soll’s fünf Grad wärmer werden.

So wird das Wetter in Stuttgart und der Region