SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel Foto: dpa

Die "Gutachtenaffäre" und ihre Folgen: Jetzt will SPD-Franktionschef Schmiedel den U-Ausschuss zu den NSU-Morden, gegen den sich seine Partei zunächst wehrte.

Stuttgart - Im baden-württembergischen Landtag soll nun doch ein Untersuchungsausschuss die NSU-Morde aufarbeiten. SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel sagte am Freitag in Stuttgart, seine Fraktion werde so ein Gremium beantragen. Der grüne Koalitionspartner hatte ohnehin einen U-Ausschuss befürwortet, war aber lange auf den Widerstand der SPD gestoßen. Schmiedel begründete das Umschwenken seiner Fraktion damit, dass die Enquete-Kommission, die sich derzeit im Landtag mit den NSU-Morden beschäftigt, in keiner guten Verfassung sei und eine Pause brauche. Die Enquete hatte sich in Streitereien verloren.

Nach dem Rücktritt des Grünen-Politikers Willi Halder am Mittwoch hatte die CDU-Fraktion am Donnerstag angekündigt, zunächst nicht weiter in dem Gremium mitarbeiten zu wollen. CDU-Obmann Matthias Pröfrock sagte, erst müssten Vorwürfe gegen grüne Politiker aufgeklärt werden. Pröfrock forderte Grünen-Obmann Daniel Lede Abal auf, sich aus der Enquete zurückzuziehen. Dafür sprachen sich auch FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke und FDP-Rechtsexperte Ulrich Goll aus.

Hintergrund der Streitereien ist die sogenannte „Grünen-Gutachtenaffäre“: Die Stuttgarter Nachrichten hatten recherchiert, dass der bisherige Kommissionvorsitzende Halder bei der Landtagsverwaltung ein Gutachten in Auftrag gegeben hatte. In dem sollte geklärt werden, wer vor dem Gremium überhaupt aussagen darf. Als das Gutachten vorlag, leitete Halder es an Lede Abal, Grünen-Parlamentsgeschäftsführer Uli Sckerl und eine Fraktionsmitarbeiterin weiter, bevor es die übrigen Enquete-Mitarbeiter bekamen. Als Lede-Abal am vergangenen Montag damit konfrontiert wurde, die Expertise bereits vor allen anderen Kommissionmitgliedern zu kennen, leugnete er dies. Für seine falsche Angabe entschuldigte er sich am Mittwochabend schriftlich bei den Enquete-Mitgliedern. Halder stritt vehement ab, die Stellungnahme überhaupt weitergegeben zu haben.

Nach Recherchen der Stuttgarter Nachrichten hatte der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Fraktion eine Juristin der Fraktion beauftragt, das ihm ungerechtfertigt ausgehändigte Gutachten in Vermerken zu bewerten. Grünen-Sprecher Benjamin Hechler räumte ein, dass diese Vermerke für den Fraktionsvorstand vorgesehen gewesen waren. Allerdings sei dann entschieden worden, weder das Gutachten noch das Gutachten dem Vorstand zugänglich zu machen.