Zahlreiche Menschen demonstrierten in Warschau am 26. Juli gegen die Justizreform. Foto: AP

Im Streit um die Justizreform hat die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen eingeleitet. Das teilte die Kommission am Samstag über den Kurznachrichtendienst Twitter mit.

Brüssel - Die EU hat das wegen der umstrittenen Justizreform angekündigte Vertragsverletzungsverfahren gegen Polen eingeleitet. Dies sei nach der Veröffentlichung eines der Gesetze im polnischen Gesetzblatt geschehen, teilte die EU-Kommission am Samstag mit. Ein Vertragsverletzungsverfahren kann zu einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof und empfindlichen Geldstrafen führen. Beanstandet wird das von Präsident Andrzej Duda unterzeichnete Gesetz, wonach der Justizminister alle leitenden Richter an den gewöhnlichen Gerichten einschließlich der Berufungsgerichte ernennen oder entlassen kann.

EU-Kommission leitete Verfahren zur Überprüfung der Rechtsstaatlichkeit ein

Die Kommission liegt seit Anfang 2016 mit Warschau im Clinch, als die nationalkonservative Regierung nach Ansicht Brüssels die Unabhängigkeit des Verfassungsgerichts beschnitt. Damals leitete die EU-Kommission ein Verfahren zur Überprüfung der Rechtsstaatlichkeit in Polen ein – erstmals überhaupt in der EU-Geschichte. Alle Versuche, daraufhin im Dialog oder mit Empfehlungen zum Ziel zu kommen, scheiterten jedoch. Warschau trieb in den vergangenen Wochen dann weitere Justizreformen voran – trotz Protesten tausender Menschen. Dazu gehört ein Gesetz, das es dem Justizminister ermöglicht, Richter des Obersten Gerichtshofs in den Ruhestand zu schicken. Gegen dieses Gesetz sowie ein weiteres zur Reform des Landesrichterrates hatte Polens Präsident Andrzej Duda am Montag überraschend sein Veto eingelegt. EU-Vizekommissionspräsident Frans Timmermans begrüßte dies am Mittwoch, verwies aber gleichzeitig auf die nicht blockierten Teile der Reform.