Der insolvente Gewa-Tower in Fellbach ist Streitobjekt der Anleihegläubiger Foto: Patricia Sigerist

Endlich liegen zwei Angebote vor, den insolventen und vom Baustopp betroffenen dritthöchsten Wohnturm Deutschlands, den Gewa-Tower, zu übernehmen und fertig zu bauen. Bisher zogen die Anleihegläubiger und deren Vertreter an einem Strang – jetzt sind Streitigkeiten ausgebrochen.

Fellbach - Beim Fellbacher Gewa-Tower wird in der kommenden Gläubiger-Versammlung vermutlich noch keine Entscheidung über eines der beiden Rettungsangebote fallen. Das zumindest glaubt der derzeitige Vertreter der Anleihegläubiger, Rechtsanwalt Ralf Ellerbrok von der Rödl Treuhand Hamburg GmbH Steuerberatungsgesellschaft.

An dem Termin Dienstag, 25. April, 13 Uhr in der Schwabenlandhalle in Fellbach als erste Zusammenkunft der Anleihegläubiger seit dem Insolvenzantrag der Projektgesellschaft Gewa 5 to 1 GmbH und Co. KG im November hält der in den Anleihebedingungen genannte Treuhänder dennoch fest. Wichtige Anleihegläubiger üben derweil Kritik am Vorgehen der Rödl Treuhand. Die Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) droht sogar damit, ihren Mitgliedern zu empfehlen, die vorgesehenen Entscheidungen durch Abwesenheit und damit an der Beschlussfähigkeit scheitern zu lassen.

Knappe Zeit, um die Sperrbescheinigung zu holen – die brauchen alle Teilnehmer

„Sehr ambitioniert, um es einmal freundlich zu formulieren“, nennt die SdK in einem Rundbrief schon allein die Terminwahl. Dort wird bezweifelt, dass es aufgrund der jüngsten Feiertage jedem Kreditinstitut möglich sein wird, rechtzeitig die geforderte Sperrbescheinigung den Gläubigern auszustellen. Mit dem Sperrvermerk weisen sich die Besucher als Besitzer von Gewa-Anleihen aus. Ohne diesen Nachweis werden Teilnehmer ausgeschlossen. Vertreter der Hälfte des ausstehenden Nominalvolumens der Anleihe müssen anwesend sein, um Beschlüsse fassen zu können. Sowohl die SdK als auch die KFM Deutsche Mittelstand AG, deren Mittelstandsanleihen-Fonds wohl der größte Einzelgläubiger der Gewa-Anleihe ist und weitere institutionelle Anleiheinhaber hinter sich vereinigt, kritisieren, dass der Termin auch ohne Absprache mit wesentlichen Anleihegläubigern gefasst worden sei und hinter dem letzten Verhandlungsstand zurückbleibe.

Zweite Absichtserklärung eines möglichen Investoren ging erst spät ein

Ralf Ellerbrok bedauert den knappen Zeitraum: „Wir sehen das ein, es war aber nur gut gemeint.“ Eigentlich sei es vorgesehen gewesen, die Einladung drei Wochen vor dem Termin am Dienstag an die Anleihegläubiger zu versenden. Doch sei damals die zweite vorläufige Absichtserklärung eines Investors, den halb fertigen Wohnturm zu übernehmen und fertig zu bauen, noch in der Schwebe gelegen. Die Einladung ohne das zweite, dann noch eingetroffene Angebot zu versenden, wäre nicht vollständig gewesen: „Wir waren in einer Zwickmühle“, sagt Ellerbrok.

Schutzgemeinschaft hält Beschlussvorschläge für „unausgegoren“

Auch sonst klagt die Schutzgemeinschaft: „Die Beschlussvorschläge als solche scheinen unausgegoren.“ So wird im SdK-Rundbrief kritisiert, dass einer der Erwerbsinteressenten für den Tower selbst noch nicht alle Rahmenbedingungen für die Umsetzung geschaffen hat: „Generell gibt es bei beiden offerierten Alternativen zu kritisieren, dass weder der Name des Investors genannt ist noch dieser bindende Angebote abgegeben hat.“ Somit hält die SdK auch die Beschlussfassung, die auf der Tagesordnung steht, einschließlich der Entscheidung zwischen zwei bereitstehenden Investoren, die beide von den Anleihegläubigern einen scharfen Schuldenschnitt von bis zu 60 Prozent fordern, für verfrüht.

Der so kritisierte Gastgeber Ellerbrok sah sich dagegen aufgefordert, die seit Dezember gewünschte Anleihegläubigerversammlung endlich zu terminieren. „Wenn es keinen Beschluss gibt, ist dies kein großer Fehler. Die Versammlung gibt jedem Anleihegläubiger zunächst die Möglichkeit, sich zu informieren. Um weitere Beschlüsse zu fassen, gibt es ja auch noch den Tagesordnungspunkt mit dem Beschluss, künftige Abstimmungen aus wirtschaftlichen Gründen im schriftlichen Verfahren abzuhalten.“