Zunehmend isoliert: Regionaldirektorin Nicola Schellling Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Regionaldirektorin Nicola Schelling weht der Wind ins Gesicht. Die großen Fraktionen CDU, Grüne und SPD haben sie nicht für den Aufsichtsrat der Internationalen Bauaustellung nominiert. Doch das ist nicht die einzige Entscheidung, die sich gegen Schelling richtet.

Stuttgart - Normalerweise stößt ein Tagesordnungspunkt, der sich mit der „Änderung der Geschäftsordnung der Regionalversammlung“ beschäftigt, auf kein großes Interesse. Doch was ist schon normal an diesem Mittwochnachmittag, an dem sich die 87 Regionalräte zu ihrer letzten Sitzung vor der Sommerpause treffen. Bei der Besetzung des Aufsichtsrats der Iba-GmbH treten (wie berichtet) offen die internen Konflikte der Regionaldirektorin Nicola Schelling mit Regionalpräsident Thomas Bopp (CDU), seinem Stellvertreter Fritz Kuhn (Grüne) und zumindest wichtigen Mitgliedern der großen Fraktionen CDU, Grüne und SPD zutage.

Nur sechs Stimmen

Die Juristin, seit März 2014 im Amt, steht nicht auf der in den großen Fraktionen abgestimmten Liste für das wichtige Aufsichtsgremium der Bauausstellung. Und als anschließend eine Einzelwahl erzwungen wird, fällt Schelling, die schweigend auf dem Podium sitzt, mit nur sechs Stimmen krachend durch. Die anderen Aufsichtsräte erhalten zwischen 60 und 75 Stimmen. „Mehr als zehnmal so viel“, unkt einer, als man sich hinterher zum Sommerempfang der Region im Café Nil trifft.

Vor diesem Hintergrund bekommt auch eine an sich harmlose Änderung der Geschäftsordnung Brisanz, in der es ums Protokoll der Sitzungen geht. An diesem denkwürdigen Mittwoch beschließen die Regionalräte nämlich, dass „die schriftführende Mitarbeiterin keinerlei Weisungen“ unterliege und der „Inhalt der Niederschrift ausschließlich mit dem Vorsitzenden abzustimmen ist“ – das bedeutet vor allem: nicht mit der Regionaldirektorin. Just darüber hatte es zuletzt einen Disput im nicht öffentlich tagenden Ältestenrat gegeben.

Streit ums Protokoll

Der Streit um die Herrschaft über das Protokoll mag von außen betrachtet wie eine Posse wirken, in Wirklichkeit ist er nur ein weiteres Kapital im dick gefüllten Buch der Auseinandersetzung um Zuständigkeiten zwischen der hauptamtlichen Regionaldirektorin und dem ehrenamtlich tätigen Regionalpräsidenten. Der CDU-Politiker Thomas Bopp, seit 2007 im Amt, führte den Verband mit großem Engagement, als Schellings Vorgängerin erkrankt war. Der Ex-Landtagsabgeordnete ist bestens vernetzt und hat im politisch-operativen Geschäft – etwa beim dritten Gleis am Flughafen oder bei der Iba – große Erfolge vorzuweisen. Schelling habe sich, so monieren ihre Kritiker hinter vorgehaltener Hand, indes kaum regionalpolitisches Profil erarbeitet. Im Gegenteil: mit vielen Vorstößen, etwa einem Haus der Region, scheiterte sie. Ihr fehle – siehe die Tesla-Dienstwagenaffäre – das politische Gespür, und sie setze zu wenig inhaltliche Akzente. Intern kümmere sich die Juristin mit aller Konsequenz um ihre Zuständigkeiten.

Fest steht: Mit Bopp gab es Streit um Räume und Mitarbeiter, vom verweigerten Zugang zur Geschäftsstelle bis zur Dienstaufsichtsbeschwerde reichte das Instrumentarium. Rechtsgutachten und ihre Bezahlung lösten Ärger aus. Zuletzt soll Kuhn, der den erkrankten Bopp vertrat, der Kragen geplatzt sein: Er habe Schelling im Ältestenrat kurzerhand das Wort entzogen. Vor zwei Wochen sprach sich eine Mehrheit aus CDU, Grünen und SPD gegen die Übernahme der Präsidentschaft des Städtenetzwerks Polis aus. „Das hätte perfekt zur Region gepasst“, sagt FDP-Regionalrat Albrecht Braun, „doch das wurde gekippt, um Schelling eins auszuwischen.“ Nicht anders sei es bei ihrer Nichtberücksichtigung für den Iba-Aufsichtsrat.

Schelling selbst sagt, sie hätte es für sinnvoll erachtet, dass die Region wie die Stadt Stuttgart mit zwei Hauptamtlichen im Iba-Aufsichtsrat vertreten sei, und habe deshalb bis zuletzt gehofft, auf die gemeinsame Liste zu kommen. Das Wahlprozedere, das bei vielen Regionalräten Unmut auslöste, habe sie nicht angestrebt. Und der Protokollbeschluss? Sie werde, wie es ihre Aufgabe sei, die Beschlüsse der Regionalversammlung umsetzen, sagt sie dazu nur.

Das klingt wenig dramatisch. Doch der Sommerempfang geht am Mittwochabend mit einem schweren Gewitter zu Ende.