Bei schönem Wetter sitzen die Muk-Gäste gerne vor dem Café. Foto: Kathrin Wesely

Die Johannesstraße, einst repräsentative Hauptschlagader, ist in einem kleinen Abschnitt aufgehübscht worden: Gehwegflächen sind umgestaltet und möbliert, Bäume neu eingefasst, der gepflasterte Reitweg erneuert, die Parkplätze geordnet und die Kreuzung Johannes-/Ludwigstraße für Fußgänger verbreitert worden.

S-West - Die Geschichte hat mittlerweile einen recht langen Bart, fand aber nun ihr erfreuliches Ende: Bereits 2009 hatte die Stadt beschlossen, die Johannesstraße im Bereich zwischen Johanneskirche und Ludwigstraße herzurichten. Der einst repräsentativen Hauptschlagader sollte neuer Glanz verliehen werden. Nun sind die Gehwegflächen endlich umgestaltet, die Bäume neu eingefasst, der gepflasterte Reitweg erneuert, die Parkplätze geordnet und die Kreuzung Johannes-/Ludwigstraße für Fußgänger verbreitert worden. Die abgehängte Beleuchtung über der Straßenmitte wurde durch Laternen auf dem Gehweg ersetzt. Zu guter Letzt kamen noch die Bänke und Spielgeräte hinzu, die nun den Gehweg säumen.

Kleiner Wermutstropfen: Es wurden die falschen Bänke montiert. Ursprünglich waren welche ohne Lehne vorgesehen. Laut Bezirksvorsteher Reinhard Möhrle könnten die Rückenlehnen abmontiert werden, ohne die kompletten Bänke wieder aus ihrer Bodenverankerung herauslösen zu müssen. Die Kosten für sämtliche Maßnahmen, mit denen bereits vergangenen Herbst begonnen worden war, belaufen sich auf 350 000 Euro, die mit der Stadtentwicklungspauschale abgedeckt sind.

Nepomuk Rickert freut sich über die Verschönerung in seiner Straße. Mit seinem Café Muk ist er einer der raren Geschäftsinhaber, die sich auf der schnurgeraden Meile mit ihren zahlreichen Altbauten niedergelassen haben. Die Gäste hocken bei schönem Wetter gern draußen vorm Lokal. „Der Gehweg ist breiter, das ist jetzt ein ganz angenehmes Schlendern hier. Und die Spielgeräte werden gut angenommen: Ich seh öfter mal Kinder und Jugendliche an den Kugeln spielen.“ Auch die übrigen Spiel- und Bewegungsmöbel sowie die Sitzbänke seien öfter mal belegt. Jetzt fehlten bloß noch die Flaneure, meint Rickert: „Die Johannesstraße bräuchte einfach mehr Läden und Lokale, dann wäre die Straße viel lebendiger. Die paar, die es gibt, liegen viel zu weit auseinander.“

Die Johannesstraße wurde einst nach der 1876 eingeweihten, neugotischen Kirche benannt, die ihr südliches Ende begrenzt. Sie wurde nach den Plänen von König Wilhelm I. als Prachtboulevard angelegt. Ursprünglich war sie wohl nur am Rand gepflastert, die Straßenmitte dürfte indes mit einer Art Split bedeckt und gleichberechtigt von allen Verkehrsteilnehmern genutzt worden sein. Mit der fortschreitenden Industrialisierung verdichtete sich der Verkehr. In der Folge wurde der kopfsteingepflasterte Reitweg angelegt. Auf der Fläche mussten sich fortan Fußgänger und Reiter arrangieren, die Mitte blieb den Fuhrwerken vorbehalten.

Unabdingbar für eine Prachtstraße des 19. Jahrhunderts war, dass sie schnurgerade verlief und an ihren Enden repräsentative Bauten standen. Sie dienten als Blickfang und eröffneten beziehungsreiche Sichtachsen. Dabei stand – wie in vielen europäischen Metropolen damals – der Umbau von Paris durch den Stadtplaner Baron Haussmann im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts Pate. Während am südlichen Ende die Johanneskirche emporragte, begrenzte das nördliche Ende des Stuttgarter Boulevards die württembergische Landwirtschaftliche Zentralgenossenschaft – ein Repräsentationsgbäude des Architekten Albert Eitel, in dem heute das Arbeitsgericht untergebracht ist.