Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) Foto: dpa

Für die Opposition ist Verkehrsminister der Bremser beim Ausbau Baden-Württembergs Straßen. Regierungschef Kretschmann sorgt sich ein gutes Jahr vor der Landtagswahl um das Image seines Parteifreundes und stellt sich hinter den von der CDU attackierten „bösen Buben“.

Stuttgart - Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) will den Ruf eines Bremsers beim Straßenbau abstreifen und verweist auf Rekordausgaben für den Verkehr. Grün-Rot habe zwischen 2011 und 2015 rund 727 Millionen Euro in den Straßenbau investiert, die CDU-geführten Vorgängerregierungen hätten deutlich weniger ausgegeben, so zwischen 2006 und 2010 gut 562 Millionen Euro. „Es wurden noch nie so viele Mittel für den Landesstraßenbau in Baden-Württemberg eingesetzt wie unter unserer Landesregierung“, sagte der Minister am Dienstag in Stuttgart.

Er erhielt großes Lob von Regierungschef Winfried Kretschmann (Grüne). Für den Landtagswahlkampf gelte es, das „gemachte Image“ Hermanns mit Tatsachen zu kontern, so Kretschmann.

Im vergangenen Jahr ist nach Hermanns Angaben mit mehr als 400 Millionen Euro doppelt so viel wie 2008 für den Erhalt der Straßen ausgegeben worden; davon flossen 322 Millionen in Bundesstraßen und 98 Millionen in Landesstraßen. Die Straßenbauverwaltung habe erstmals mehr als eine Milliarde Euro verbaut, darunter 818 Millionen Euro für Bundes- und 211 Millionen Euro für Landesstraßen.

Grenzen habe deren Tätigkeit aber durch den Mangel an Straßenbauingenieuren. Deshalb werde das Land in diesem Frühjahr in Barcelona versuchen, bis zu 70 spanische Ingenieure für die sicheren Stellen im Staatsdienst anzuwerben. Der Mangel werde sich mit einer bevorstehenden Pensionierungswelle noch deutlich verstärken. Es sei damit zu rechnen pro Jahr 50 bis 100 Fachleute in den Ruhestand gingen, erläuterte Hermann. Derzeit arbeiten rund 1000 Mitarbeiter bei der Straßenbauverwaltung in den vier Regierungspräsidien.

"Man muss halt immer einen bösen Buben haben"

Hermann sagte zu den Angriffen aus der CDU, anfangs habe ihn das geärgert, nun sehe er das „locker“. Denn die Zahlen widerlegten die Behauptungen der Opposition. Zudem erhalte er auch von CDU-Kommunalpolitikern Zuspruch für seine Politik klarer Prioritäten und des Verzichts auf leere Versprechungen. Kretschmann sagte zu den Attacken der CDU-Verkehrsexpertin Nicole Razavi: „Man muss halt immer einen bösen Buben haben.“

Razavi konterte prompt: Hermann betreibe ein absurdes Theater. Bisher habe er dem Bund zu geringe Investitionen in Baden-Württemberg vorgeworfen, jetzt hefte er sich die Mittel des Bundes ans eigene Revers und brüste sich mit Rekordsummen. Dass Hermann alle Bundesmittel für den Straßenbau in Berlin abrufe, sei seine Pflicht. Außerdem sei seit 2011 keine einzige Landes- und Kommunalstraße neu begonnen worden, sagte Razavi. Sich dafür feiern zulassen, sei „mehr als peinlich“.

Der Liberale Jochen Haußmann erinnerte wie Razavi daran, dass Hermann 2013 rund 100 Millionen Euro Bundesmittel nicht abgerufen habe. Wenn er jetzt das Abrufen der Bundesmittel als Erfolg verkaufe, sei dies ein Eingeständnis, die Öffentlichkeit im Vorjahr getäuscht zu haben. Das Ministerium wies den Vorwurf erneut als haltlos zurück. Auch das Bundesverkehrsministerium bestätige, dass 2013 lediglich sechs Millionen nicht abgerufen worden seien, weil sie nicht mehr hätten verbaut werden können. Im Jahr 2014 hätten zusätzlich 38 Millionen Euro aus dem Ausgleichstopf des Bundes abgerufen werden können.

Bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Region Stuttgart wird der Fokus des Ministeriums auf dem Erhalt des Straßenverkehrsnetzes begrüßt. Hauptgeschäftsführer Andreas Richter mahnte aber mehr Mittel für Großprojekte in der Region an.