Angehende Akademiker: Das Wissenschaftsministerium fördert 50 junge Syrer mit einem Stipendium Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Viele junge Syrer, die der Krieg nach Deutschland trieb, haben eine gute Ausbildung oder ein Studium in ihrer Heimat begonnen. Stipendien vom Land helfen 50 von ihnen nun wieder an die Universität zu gehen.

Stuttgart - Maudan Ali wollte immer schon Ärztin werden und in der Krebsforschung arbeiten. Dieser Wunsch ergab sich aus ihrer Familiengeschichte: Ihre Mutter rang mit der Erkrankung, auch ein Cousin kämpfte gegen den Krebs, und ein Onkel starb an seinen Leiden. Die 22-Jährige begann ein Studium bereits in ihrer Heimat. Doch dann wirbelte die Geschichte Syriens die persönlichen Pläne von Maudan durcheinander: „Mein Vater ist Politiker. Wir sind Kurden und mussten deshalb 2011 aus unserer Heimatstadt Qahtaniya fliehen“, erzählt die junge Frau.

Es gibt ungezählte solcher Schicksale. Die 50 jungen Menschen aus Syrien, die sich am Freitag im Haus der Architekten zusammenfanden, teilen ähnliche Erfahrungen von Flucht und Vertreibung. Und sie verbindet ein ambitioniertes Ziel: Sie wollen ein Studium an einer Hochschule in Baden-Württemberg beginnen oder zu Ende bringen. Ein Förderprogramm des Landes unterstützt sie nun mit Stipendien, die Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) den angehenden Akademikern am Freitag übergab. Ihre Glückwunsche sprachen auch die Präsidentin des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD), Margret Wintermantel, und Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) aus.

Flüchtlinge sind nicht nur Belastung“

„Flucht und Vertreibung sind in diesen Tagen das alles beherrschende Thema. Rund 60 Millionen Menschen sind auf der Flucht“, so Kretschmann. Es sei jedoch bei allen Herausforderungen wichtig, dass man von dem Bild, dass ein Flüchtling nur eine Belastung darstelle, wegkomme. Zu den Stipendiaten gerichtet sagte der Ministerpräsident: „Jeder von Ihnen bringt ja etwas mit, ob Erfahrungen oder Qualifikationen.“

Was die dramatische Lage für Syrien als Wissenschaftsstandort bedeutet, hob Theresia Bauer hervor: „Syrien läuft Gefahr, eine ganze Generation von Akademikern und Akademikerinnen zu verlieren, mit gravierenden Folgen für das Land“, sagte Bauer. In der Frage, wie mit der wachsenden Zahl von Flüchtlinge umgegangen wird, müsse jedes Ressort der Landesregierung einen Beitrag leisten. „Wir sind glücklich, dass uns der DAAD unterstützt hat. Er war der Ideengeber für dieses Programm“, sagte die Wissenschaftsministerin.

Rundumprogramm für Stipendiaten

Der DAAD betrieb die Förderung syrischer Studenten bereits vor dem Ausbruch des Bürgerkriegs im Jahr 2011. Der Dienst führte beim Förderprogramm des Landes die Auswahlgespräche. Das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst (MWK) finanziert das fünf Jahre laufende Programm mit 5,5 Millionen Euro.

Es umfasst einen Deutschkurs vor Beginn des Hochschulstudiums, den Besuch eines Studienkollegs, eine Reihe studienvorbereitender Maßnahmen und eine monatliche Stipendienrate während des Studiums von 650 Euro (Bachelor) und 750 Euro (Master). Zudem sind die Stipendiaten kranken- und unfallversichert.

Die 22 Jahre alte angehende Medizinstudentin Maudan Ali schwärmt davon, dass sie schon „viele interessante Leute kennengelernt hat, die Fachleute in der Krebsforschung sind“. Maudan hat fünf Geschwister. Eine Schwester hat einen Traum: Sie will auch Medizin studieren.