Arbeitnehmer müssen ihre Steuererklärung jährlich machen Foto: dpa-Zentralbild

Fast jede neunte Stelle in der Steuerverwaltung in Baden-Württemberg ist unbesetzt. Die Tätigkeit müsse attraktiver werden, fordert die Steuergewerkschaft.

Stuttgart - Ihr Ziel von 2011, die Steuerverwaltung besser mit Personal auszustatten, hat die grün-rote Landesregierung nur zum Teil erreicht. Zwar gibt es mit 13 343,5 Planstellen in diesem Jahr insgesamt 291,5 Stellen mehr als damals - tatsächlich besetzt sind allerdings weniger Stellen als vor fünf Jahren: Umgerechnet auf Vollzeit waren seinerzeit 12069 Stellen besetzt, jetzt sind es 11 764. Das heißt: 1580 Stellen sind offen, rund 500 mehr als 2011. Das geht aus der Antwort des Finanzministeriums auf eine Anfrage der CDU-Fraktion hervor.

Nicht alle Planstellen könnten besetzt werden, weil für einen „ordnungsgemäße Stellenbewirtschaftung“ eine gewisse Zahl an Stellen freigehalten werden muss, heißt es im Finanzministerium: Zum Beispiel für die Teilzeitkräfte - ihr Anteil ist seit 2011 von 33,3 auf 38 Prozent gestiegen -, die möglicherweise wieder länger arbeiten wollen, und auch für Beurlaubte, die meist nach einem Jahr zurückkehren. Ihre Stellen könnten deshalb nicht anderweitig besetzt werden. Zudem müssten Beschäftigte auf Stellen geführt werden, obwohl sie derzeit keinen aktiven Dienst leisteten - das gelte vor allem für Mitarbeiter in Elternzeit, freigestellte Personalratsmitglieder und erkrankte Kollegen.

Mehr Auszubildende

Um die Lücken zu füllen, seien die Zahl der Auszubildenden so weit wie möglich erhöht worden, sagte ein Sprecher des Finanzministeriums.. In diesem Jahr haben nach Angaben der Oberfinanzdirektion in Karlsruhe 786 Schulabgänger eine entsprechende Ausbildung begonnen - 326 wollen sich in zwei Jahren zum Finanzwirt ausbilden lassen, 460 absolvieren ein dreijähriges duales Studium an der Finanzhochschule in Ludwigsburg und einem der 65 Finanzämter im Land.

Im Bundesvergleich hat Baden-Württemberg die wenigsten Beschäftigten in den Fianzämtern. Im Südwesten kommen auf 100 000 Einwohner 110 Finanzbeamte, in Bayern 115, in Nordrhein-Westfalen 125, in Hamburg sogar 176. Das sage noch nichts über die Qualität der Steuerverwaltung aus, sagt Tobias Wald, finanzpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. Die Mitarbeiter im Südwesten seien „hoch qualifiziert und hoch motiviert“, so Wald. „Besser sehr gute Mitarbeiter, die auch hervorragende Arbeit leisten als eine hohe Zahl von Mitarbeitern, bei denen dies gegebenenfalls nicht gewährleistet ist.“ Die Gründe für den Personalmüssten aber genauer geklärt werden. „Aus meiner Sicht ist eine Nichtbesetzung von über zehn Prozent der Planstellen eindeutig zu hoch“, sagt der CDU-Abgeordnete. Darüber werde er auch mit den Fachgewerkschaften sprechen.

Mehr Betriebsprüfungen

Trotz der schwierigeren Personalsituation müssen Firmen nun eher mit einem Betriebsprüfung rechnen. 2011 lag der Prüfungsturnus des Finanzministeriums für mittlere Betriebe bei 16,3 Jahren, inzwischen liegt er bei 12,8 Jahren. Bei Kleinbetrieben sank er im gleichen Zeitraum von 34 auf 29 Jahre, bei Großbetrieben von 4,6 ausf 4,5 Jahre.

Dass sich Prüfungen für den Staat rechnen, zeigen die Zahlen. Durch die Prüfungen in Baden-Württemberg flossen 2015 nach Angaben des Finanzministeriums 2,47 Milliarden Euro zusätzlich in die öffentlichen Kassen, ein Jahr zuvor waren es sogar 3,14 Milliarden mehr. Die regelmäßigen Prüfungen seien auch notwendig, um Steuergerechtigkeit herzustellen, sagt Markus Scholl, Landesvorsitzender der Deutschen Steuergewerkschaft. Während abhängig Beschäftigte und Rentner jedes Jahr mit Hilfe von Risikomanagementsystemen vom Finanzamt überprüft würden, hatten Unternehmen nur in großen Abständen den Besuch des Finanzamtes zu befürchten. „Wenn Steuern nicht vollständig erhoben werden, dann leiden alle, am meisten der ehrliche Steuerzahler.“ Das sieht auch Tobias Wald so: Die Kontrolldichte müsse so hoch sein, dass sich Steuerbetrug nicht lohnt, fordert er. „Nur wenn geltende Gesetze auch vollzogen werden, kann Steuergerechtigkeit hergestellt werden.“