Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hat gute Nachrichten zu verkünden Foto: dpa

Bund, Länder und Kommunen können in den nächsten Jahren mit deutlich mehr Geld rechnen als bisher erwartet. Die Steuerschätzer gehen davon aus, dass die Steuereinnahmen bis 2021 auf 852 Milliarden steigen werden. Das sind 54,1 Milliarden mehr als im November 2016 vorausgesagt.

Berlin/Stuttgart - Der Staat nimmt in den nächsten Jahren voraussichtlich deutlich mehr Steuern einnehmen als bisher erwartet. Die Steuerschätzer gehen davon aus, dass Bund, Länder und Kommunen bis zum Jahr 2021 mit 54,1 Milliarden Euro mehr rechnen können als bei der letzte Steuerschätzung im November 2016 angenommen wurde. Das gab Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) am Donnerstag in Berlin bekannt. 2017 rechnet er mit zusätzlichen Einnahmen von 7,9 Milliarden Euro.

Nach der Prognose des Arbeitskreises „Steuerschätzungen“ werden sich die Steuereinnahmen von 732,4 Milliarden Euro in diesem auf voraussichtlich 852,2 Milliarden Euro im Jahr 2021 entwickeln. Davon profitierten vor allem die Länder und Kommunen, so die Finanzexperten, die seit Dienstag in Bad Muskau getagt hatten. Grund für den Anstieg sei die „weiterhin robuste wirtschaftliche Entwicklung“: Die Inlandsnachfrage sei gut, die Beschäftigung sei auf Rekordniveau, die Löhne und Unternehmensgewinne stiegen.

Steuersenkungen nach der Bundestagswahl

Die Bundesregierung habe ihre finanzpolitischen Zusagen erfüllt, sagte Schäuble. Sie habe den Bundeshaushalt ausgeglichen und Mittel für Investitionen bereitgestellt, nun könne eine Steuersenkung folgen. „Darüber wird bei und nach der Bundestagswahl entschieden.“ Eine „maßvolle Entlastung von kleinen und mittleren Einkommen ist möglich, und die ist angezeigt“. Eine konkrete Summe wollte Schäuble am Donnerstag aber nicht nennen. In der Vergangenheit hatte er von Steuersenkungen im Umfang von 15 Milliarden Euro jährlich gesprochen. Angesichts der hohen Steuereinnahmen halten dies einige in der Union für zu wenig.

„Gut aufgestellt“ sieht Schäuble auch die Länder. Mit den Entlastungen durch den Bund erhielten sie weiteren finanzpolitischen Spielraum, der ab 2020 mit der Neuregelung des Länderfinanzausgleichs noch größer werde. Damit könnten sie die nötigen Investitionen in mehr Bildung und Infrastruktur angehen.

Baden-Württemberg rechnet

Wie viel der zusätzlichen Steuereinnahmen nach Baden-Württemberg fließen, ist noch offen. Im Finanzministerium in Stuttgart wird jetzt gerechnet. Am Montag will Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) dann die Höhe der Mehreinnahmen bekannt geben.

Die Fraktionsvorsitzenden im Landtag äußerten am Donnerstag schon einmal ihre Wünsche. Andreas Schwarz (Grüne) warnte davor, das Geld vorab zu verteilen. „Die Steuersenkungspläne des Bundes würden erst einmal ein großes Loch in die Landeskasse reißen – deshalb bin ich vorsichtig bei der Planung“, sagte er. „Die zusätzlichen Einnahmen müssen wir in Zukunftsthemen investieren, also Bildung, Infrastruktur, Digitalisierung und Elektromobilität.“

Sein CDU-Kollege Wolfgang Reinhart erklärte: „Der Sanierungsbedarf ist groß.“ Nötig seien auch Rücklagen – etwa für Pensionsrückstellungen – und Zukunftsinvestitionen. „Denn wir erwarten auch Rückgänge, wenn der Bund die Steuern senkt.“ Schäubles Vorschläge für eine Entlastung der Bürger seien in Ordnung. Eine Steuersenkung fordert auch FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke: „Angesichts der Steuermehreinnahmen und der angehobenen Konjunkturprognose für Deutschland seitens der EU müssen die Steuerzahler endlich entlastet werden. Wir sehen Spielraum für ein Entlastungsvolumen von mindestens 30 Milliarden.“

Investieren und Schulden tilgen

Davon hält SPD-Fraktionschef Andreas Stoch gar nichts. „Von Steuergeschenken profitiert nur ein kleiner Teil“, sagt er. Er fordert mehr „Investitionen in die Zukunft. Da steht Bildung an erster Stelle.“ Allein der Sanierungsbedarf an den Schulen in Baden-Württemberg liege bei über drei Milliarden Euro. Nötig sei auch mehr Geld für Straßen und den Ausbau des schnellen Internets.

Jörg Meuthen (AfD) fordert, die Mehreinnahmen für die Schuldentilgung zu verwenden. „Trotz Rekordsteuereinnahmen hat es die Landesregierung bisher nicht geschafft, Schulden zu tilgen. In Zeiten von Rekordsteuereinnahmen wäre dies notwendig gewesen.“