Die Finanzbranche ist der wichtigste Wirtschaftszweig auf der Isle of Man.Die Isle of Man ist eine pittoreske Insel mit Leuchttürmen und schönen Promenaden. Zwar gibt es viel Wind und Regen – doch die Reichen der Welt finden hier immer ein trockenes Plätzchen für ihr Geld. Foto: AFP

Nach der Veröffentlichung der „Paradise Papers“gibt es in Großbritannien Kritik an dubiosen Geschäftspraktiken in der Steueroase Isle of Man.

London - Im vorigen Jahr gerieten Großbritanniens Steueroasen durch die “„Panama Papers ins Scheinwerferlicht. Nun stehen sie nach der Veröffentlichung der „Paradise Papers“ erneut am Pranger. Viel von dem, was die Enthüllungen dieser Woche ans Tageslicht gebracht haben, betrifft Steuertricks und undurchsichtige Praktiken auf den Cayman Islands, den British Virgin Islands, Bermuda, Gibraltar oder den Kanalinseln, die allesamt der Kontrolle der Krone unterstehen.

Vorsichtige Reformbemühungen des früheren Tory-Premiers David Cameron haben, wie sich nun zeigt, wenig gefruchtet. Und der jetzigen Regierung liegt nicht viel daran, ihre Kronkolonien und abhängigen Übersee-Gebiete schärfer an die Kandarre zu nehmen, solange diese so erfolgreich internationales Kapital anziehen.

Die Labour Party spricht von Steuerschwindel

Empört zeigt sich nur die oppositionelle Labour Party. Deren linkssozialistischer Parteichef Jeremy Corbyn hat erklärt, die britische Gesellschaft erleide schweren Schaden „durch eine superreiche Elite, die das Steuersystem verachtet – und auch den Rest von uns“. Labours prominenteste Aktivistin gegen Steuerschwindel, die Unterhaus-Abgeordnete Margaret Hodge, spricht offen von einem „giftigen Gemenge“, wo es eine „Komplizenschaft der Regierung“ gebe mit Steuerschwindel und Offshore-Missständen vor Ort. Hodge, die bis vor kurzem Vorsitzende des Haushalts-Ausschusses in Westminster war, hat sich bei ihrer Kritik vor allem eine Steueroase – die Isle of Man – vorgenommen. Die dortige Wirtschaft blühe auf dem Boden übler Geheimhaltung und Halbwahrheiten, klagt sie. Die in der Irischen See gelegene Insel spielt eine zentrale Rolle im Steuergeflecht britischer Besitzungen.

Bei den Briten selbst hat vor allem die Enthüllung für Aufregung gesorgt, dass ein britischer Held des Rennsports, Lewis Hamilton, sich über die Isle of Man steuerfrei einen Privat-Jet verschafft hat. Offenbar ist mit tatkräftiger Hilfe der Behörden der Insel zum Schein ein Leasing-System eingerichtet worden, das es den Reichen erlaubt, fällige Mehrwertsteuer nicht bezahlen zu müssen oder zurück erstattet zu bekommen. Eine Milliarde Dollar soll dieser Trick, der Zeitung „Guardian“ zufolge, in den letzten sechs Jahren insgesamt wert gewesen sein für die, die ihn nutzten.

Kritiker vermissen Transparenz

Es ging um Gelder, die bezogen wurden über eine Reihe von „Jet-Leasing-Firmen“ ohne Personal, ohne Büros, ohne Telefone, ohne echte Kunden: „Die Besitzer leasten ihre Jets einfach von sich selbst,“ heißt es. Auch andere, gewichtigere Namen sind in den „Paradise Papers“ als Profiteure der halbseidenen Welt der Isle of Man zur Sprache gekommen: So etwa der reiche Brexit-Sponsor Jim Mellon, der im Steuerexil lebende Geschäftsmann Richard Branson, oder eine Reihe russischer Oligarchen aus Wladimir Putins Kreis.

Viele Kritiker finden, dass es auf der Isle of Man nicht nur an Transparenz fehle, sondern dass London der Insel viel zu viel erlaube. Denn auf der Isle of Man gibt es keine Kapitalertragssteuer, keine Grunderwerbssteuer und keine Erbschaftssteuer. Körperschaftssteuer, gerade mal zehn Prozent, zahlen eh nur Banken. Andere Unternehmen bleiben verschont.

Die Isle of Man wird vom britischen Steuerzahler subventioniert

Niemand muss sich außerdem als Eigner oder Teilhaber einer Firma zu erkennen geben. Die Einkommenssteuer für Einzelpersonen beträgt höchstens 20 Prozent. Und selbst Milliardäre müssen jährlich nicht mehr als 120 000 Pfund (136 000 Euro) zahlen. Für den Chefminister der Isle of Man soll das auch so bleiben. Man müsse die Position der Insel entschlossen verteidigen, hat Howard Quayle kategorisch erklärt. In vergangenen Jahren hat die Insel-Verwaltung versucht, neue Branchen, vor allem im elektronischen Bereich oder im profitablen Online-Wettgeschäft, anzuziehen. Der Finanzsektor dominiert die Einkünfte aber immer noch.

Die Insel, die nicht zur EU gehört, jedoch in der EU-Zollunion operiert, bietet Ratsuchenden außer Wind und Regen weiter ein trockenes Plätzchen für ihre Gelder an. Kurioserweise wird die Isle of Man zugleich vom britischen Steuerzahler subventioniert. Allein dieses Jahr schiebt London der Isle of Man aus der britischen Kasse 300 Millionen Pfund zu – was im Westminster-Parlament übrigens nie Erwähnung fand. Kurios findet diese Bezuschussung der prominenteste Steuerreform-Experte des Landes, der Londoner Professor Richard Murphy. „Bizarrerweise bezahlt das Vereinigte Königreich die Isle of Man dafür, dass sie unser Steuersystem untergräbt – indem es all denen, die Steuerrechnungen im Vereinigten Königreich vermeiden wollen, niedrige Steuern oder Steuerfreiheit offeriert,“ kritisiert Murphy.