Fundort der Mädchenleiche: Ein Hochhaus mit 45 Wohnungen im Steinheimer Horrenwinkelwurde Schauplatz eines Verbrechens Foto: Max Kovalenko

In einem Wohnblock in Steinheim an der Murr ist ein 15-jähriges Mädchen einem Verbrechen zum Opfer gefallen. Nach den Erkenntnissen der Polizei hat der 33-jährige Lebensgefährte der Mutter die Schülerin sexuell missbraucht und erwürgt. Er sitzt in Haft.

Steinheim - Ein weiß lackierter Mercedes-Bus parkt am Montag vor einem Wohnblock in der Richard-Wagner-Straße. Dass es sich bei dem neutralen Gefährt um ein Fahrzeug der Kriminaltechniker handelt, lässt nur das Blaulicht auf dem Dach erahnen. Eine Absperrung und Signalbänder gibt es nicht vor dem neun Stockwerke hohen Mehrfamilienhaus im Wohngebiet Horrenwinkel. In der 12 000 Einwohner zählenden Kleinstadt im Kreis Ludwigsburg geht das Leben seinen gewohnten Gang. Ein Opa holt den Enkel von der Kindertagesstätte ab, eine junge Frau trägt Einkaufstüten aus einem nahen Supermarkt über den kleinen Parkplatz.

Nur wenige Stunden zuvor hat die Polizei in einer der 45 Wohnungen des Hochhauses die Leiche eines 15-jährigen Mädchens entdeckt. „Stumpfe Gewalteinwirkung am Hals“, heißt es im Obduktionsbericht derGerichtsmediziner. Der mutmaßliche Täter soll sein jugendliches Opfer mit bloßen Händen erwürgt haben. Über Hintergründe der Tat schweigt sich der Schlosser aus, ein Motiv nennt er bei der Vernehmung durch die Polizei und vor dem Haftrichter nicht.

Obwohl der 33 Jahre alte Mann und das Mädchen nicht verwandt sind, muss man bei dem Tötungsdelikt von einem Familien-drama sprechen. Die Mutter des Mädchens ist die Lebensgefährtin des Schlossers, erst vor knapp einem halben Jahr ist er gemeinsam mit der Halbwüchsigen aus Oldenburg ins Murrtal gezogen. Nachbarn wollen erfahren haben, dass die Mutter aus Norddeutschland nachkommen wollte. Dem Vernehmen nach hat sie weitere Kinder – jedoch nicht mit ihrem aktuellen Lebensgefährten.

Die Polizei weiß am Montag noch nicht viel über die Familienverhältnisse. Bisher haben die Ermittler noch mit den offenen Fragen zum Tathergang zu tun. Nach der ersten Begutachtung der im Wohnzimmer liegenden Mädchenleiche schließen die Kriminaltechniker einen sexuellen Hintergrund der Tat nicht aus. Nähere Auskünfte allerdings wollen Polizei und die zuständige Staatsanwaltschaft in Heilbronn zu diesem heiklen Punkt nicht abgeben. „Da handelt es sich um reines Täterwissen“, erklärt Peter Widenhorn von der Ludwigsburger Polizeidirektion die Zurückhaltung. Die Frage, ob sich der Schlosser schon öfter an dem Mädchen vergangen hat, bleibt vorerst offen.

Der 33-jährige Tatverdächtige war am Sonntag mit einer stark blutenden Schnittverletzung am linken Arm bei einem Nachbarn aufgetaucht. Der Mitbewohner aus dem Hochhaus brachte den merkbar unter Alkoholeinfluss stehenden Verletzten ins Krankenhaus und verständigte die Polizei. Die Ermittler gehen davon aus, dass sich der Schlosser den Schnitt an der Pulsader selbst zugefügt hat, um sich das Leben zu nehmen. Lebensbedrohlich war die Wunde nicht.

Als sich auch auf mehrfaches Klingeln in der Wohnung des 33-Jährigen nichts regte, ließ die Polizei noch am Sonntag Abend die Tür aufbrechen. Im Wohnzimmer fanden die Beamten das tote Mädchen. Gestorben war die 15-Jährige nach den Ergebnissen der Obduktion allerdings bereits in der Nacht zum Sonntag – der mutmaßliche Täter wurde in der Klinik festgenommen.

Bei einer polizeilichen Vernehmung am Montag legte der bisher nicht vorbestrafte 33-Jährige ein Geständnis ab. Zu seinen Motiven machte er allerdings keine näheren Angaben. Ein Heilbronner Haftrichter wies den Schlosser wegen Totschlags in ein Justizvollzugskrankenhaus ein. Die Ermittlungen der Polizei dauern an.

Sexuelle Übergriffe sind im familiären Bereich keine Seltenheit: Erst Anfang März sorgte ein Fall aus dem Stuttgarter Osten für Aufsehen. Ein 30-jähriger Mann wurde von der Polizei unter dem Vorwurf festgenommen, seine Stieftochter sexuell missbraucht zu haben. Die Leidenszeit des Mädchens, in zwischen sieben Jahre alt, soll mehr als zwei Jahre angedauert haben. Nach Schätzungen von Kinderpsychiatern kommt es in deutlich mehr Familien als gemeinhin angenommen zu Sexualdelikten, die Dunkelziffer liegt laut Experten bei bis zu zehn Prozent .