Rektor Gerhard Gödrich verabschiedet sich nach zwanzig Jahren an der Steinbachschule in den Ruhestand. Foto: Leonie Thum

Nach 20 Jahren an der Steinbachschule verabschiedet sich Rektor Gerhard Gödrich in den Ruhestand. Der offizielle Abschied ist am Donnerstag, 14. Juli. Ein Nachfolger steht noch nicht endgültig fest. Zunächst wird Konrektor Klaus Maier die Schule im neuen Schuljahr kommissarisch leiten.

Büsnau - Wissen Sie, was da drin ist?“, fragt Gerhard Gödrich und deutet auf ein großes, mit viel Klebeband umwickeltes Paket auf dem Boden seines Büros. Gödrich ist Rektor der Steinbachschule, immerhin noch einige Wochen lang, und er beantwortet seine Frage selbst: „Der neue Bildungsplan. Den übergebe ich den Kollegen und meinem Nachfolger. Bei der Umsetzung werde ich nicht mehr dabei sein.“ Ein Paket als Sinnbild für den Fortschritt und ein bisschen auch für den Abschied vom Alten. Für Gödrich ist das in Ordnung: „Ich habe drei Bildungspläne mitgemacht, den letzten 2004. Jetzt überlasse ich das Feld anderen und genieße meinen Ruhestand.“ Davon ist er nicht mehr weit entfernt: Am heutigen Donnerstag, 14. Juli, wird er offiziell verabschiedet, am 31. ist sein letzter Arbeitstag. 40 Dienstjahre waren es dann, 20 davon lehrte Gödrich an der Steinbachschule. Sein Nachfolger steht noch nicht fest, Konrektor Klaus Maier wird die Schule im neuen Schuljahr kommissarisch leiten.

Geboren wurde Gerhard Gödrich 1952 in Bad Cannstatt. Zunächst machte er eine Lehre als Fernmeldehandwerker, ein Ausbildungsberuf bei der damaligen Deutschen Bundespost. Er kümmerte sich um Anschlüsse, machte Wähleinrichtungen und stand auch mal in einem Graben, wenn da etwas verlegt werden musste. „Das war ein richtiges Handwerk“, sagt er. Nach der Lehre holte Gödrich sein Abitur über den zweiten Bildungsweg am Collegium Ambrosianum nach. Im Anschluss wollte er ursprünglich Nachrichtentechnik studieren, doch sein Physiklehrer brachte ihn auf eine andere Idee. „Leute wie dich mit handwerklichem Hintergrund bräuchten wir eigentlich als Lehrer an unseren Hauptschulen“, setzte er seinem Schüler erfolgreich einen Gedanken in den Kopf.

Interessante Fächerkombination

An der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg studierte Gödrich in den darauffolgenden Jahren Physik und katholische Theologie. Die interessante Fächerkombination kommentiert Gödrich lachend: „Wenn die Schüler im Unterricht etwas nicht verstehen, kann ich immer sagen: Dann müsst ihr eben daran glauben.“ Nach dem Studium arbeitete Gödrich viele Jahre an der Grund- und Hauptschule Gablenberg. An seine erste Prüfungsstunde kann er sich noch gut erinnern: „Das Thema lautete: ,Jedes elektronische Gerät braucht eine entsprechende Stromquelle’“, sagt er. Leider hielten sich nicht alle Schüler an die Regeln, woraufhin die falsch angeschlossenen Bauteile kaputtgingen. „Da dachte ich kurz, das war es jetzt mit meiner Karriere als Beamter“, erzählt Gödrich. Ganz so tragisch war der Vorfall natürlich nicht. „Und es war ein Hinweis auf die vielen darauffolgenden Jahre: Man kann als Lehrer nicht immer alles unter Kontrolle haben“, sagt der baldige Pensionär.

Nach einigen Jahren als Lehrer wollte Gödrich noch einmal etwas anderes machen, „mehr mitgestalten und verändern“, sagt er. 1996 kam er durch seine Freundschaft mit Klaus Debnar, dem damaligen Rektor, als Konrektor an die Steinbachschule. Debnar war ebenfalls über den zweiten Bildungsweg gekommen und hatte früher eine Mechanikerlehre gemacht. „Gemeinsam haben wir hier auch viele Dinge angepackt, die normalerweise ein Hausmeister macht“, erinnert sich Gödrich. Das habe ihm immer Spaß gemacht: „Wenn man etwas selbst macht, kann man die Dinge ganz anders umsetzen“, sagt er. Nachdem Debnar starb, wurde Gödrich 2006 sein Nachfolger.

Kooperation mit einer Sonderschule als Höhepunkt

Während seiner 20 Jahre an der Steinbachschule hat Gerhard Gödrich vieles miterlebt. Es wurde eine Menge gebaut, das größte Projekt war wohl der Neubau im Jahr 2008. Doch auch schulische Projekte sind ihm in Erinnerung geblieben. „Ein Höhepunkt für mich war die Kooperation mit der Sonderschule Hengstäcker“, sagt Gödrich. Behinderte und nicht-behinderte Kinder gingen gemeinsam klettern, Kanu fahren, eine Höhle besuchen oder in einen Hochseilgarten. „Es war für mich schön zu sehen, wie ein problematischer Schüler im Umgang mit behinderten Kindern plötzlich eine ganz andere Seite von sich zeigt“, erinnert sich Gödrich. Auch die Gründung von zwei Firmen im Rahmen eines Projektes über ein ganzes Schuljahr hat er begleitet. Sämtliche Fächer drehten sich in diesem Jahr um die gegründete Fahrradwerkstatt und die Pralinenfirma, die Schüler wurden praktisch an das spätere Arbeitsleben herangeführt. Und Gödrich packte natürlich fleißig in der Fahrradwerkstatt mit an.

„Es gibt heute mehr verhaltensoriginelle Kinder als früher.“

Zu den Sonnenseiten gehören aber auch Schattenseiten. „Man kann es als Schulleiter nicht immer allen Recht machen“, sagt er. Eine Herausforderung für seine Kollegen sieht er in der Heterogenität der Schülerkreise. „Es gibt heute mehr verhaltensoriginelle Kinder als früher, was die Arbeit nicht immer leicht macht.“ Insgesamt empfindet er die Schüler heute schwieriger als zu seinen Anfangszeiten als Lehrer. „Doch das kann auch an mir liegen“, sagt er: „Als junger Mann hat mich ein etwas höherer Lärmpegel in der Klasse nicht gestört, heute schon.“ Und schließlich habe bereits Aristoteles seinerzeit über das Verhalten der Jugend geklagt, das geschehe wohl in jeder Generation auf ein Neues.

Nach dem Stress der letzten Schuljahreswochen freut sich Gödrich am meisten auf die Ruhe. „Ich muss dann erst mal runterkommen, die letzte Zeit war heftig“, sagt er. „Ich will mal wieder ein Buch lesen, das nichts mit Schule zu tun hat, und abends nicht am Laptop sitzen und vorbereiten.“

Fehlen werde ihm der vielfältige und herausfordernde Umgang mit den Kollegen und dem Schulpersonal. Dafür müsse dann seine Frau herhalten, „aber darauf freut sie sich schon sehr“, sagt Gödrich. Ein großes Ziel steht für die nächsten Jahre noch an: „Ich möchte mit einer Harley Davidson durch die USA fahren. Einfach frei sein, nicht jeden Morgen wissen, wie der Tag aussehen wird – darauf freue ich mich.“