Stefan Kaufmann ist Mitbegründer der Schwulen und Lesben in der Union. Foto: Lichtgut/Achim Zweygarth

Der Stuttgarter CDU-Bundestagsabgeordnete Stefan Kaufmann wirbt für eine rasche Entscheidung zu Gunsten der Ehe für alle – seit Jahren macht er sich für die Gleichstellung stark.

Stuttgart - Seit vielen Jahren setzt sich Stefan Kaufmann (CDU) aus Stuttgart für eine Gleichberechtigung von Homosexuellen und Heterosexuellen ein. Mit den Aussagen von Angela Merkel zur Ehe für alle sieht er jetzt einen überraschenden Durchbruch.

Herr Kaufmann, sind Merkels Äußerungen zur Ehe für alle jetzt der Durchbruch bei diesem Thema?
Der Zeitpunkt kam doch überraschend, es ist sicher ein Durchbruch, denn sie hat ursprünglich auch einmal eine andere Position vertreten, insbesondere beim Adoptionsrecht. Merkels Aussagen sind für die Unionsfraktionen ein wichtiger Fingerzeig. Ich habe aber immer gesagt, dass die Ehe für alle im nächsten Koalitionsvertrag der nächsten Legislaturperiode kommen wird. Interessant aber ist die Frage, ob es in dieser Woche noch eine Abstimmung im Bundestag geben wird.
Seit wann streiten Sie persönlich schon für die Gleichberechtigung von Homosexuellen?
Ich war der Mitbegründer der Lesben und Schwulen in der Union. Seit ich im Jahr 2000 in die Union eintrat, befasse ich mich mit dem Thema. Seit meinem Einzug in den Bundestag ging es um verschiedene Fragen, wie die steuerrechtliche Gleichstellung homosexueller Paare. In den letzten Monaten ist das Thema Ehe für alle noch einmal hochgekommen – das ist sozusagen das Sahnehäubchen bei der Gleichstellung. Mit der Ehe für alle ist natürlich das gemeinschaftliche Adoptionsrecht verbunden, der einzige noch materielle und rechtliche Unterschied zu heterosexuellen Paaren.
Es gab mehrere Urteile zu Gunsten gleichgeschlechtlicher Paare, und es gibt seit 2001 die Möglichkeit der eingetragenen Lebenspartnerschaft. Das alles hat eine weitgehende Gleichstellung im Unterhalts-, Erb- und Steuerrecht gebracht hat. Warum reicht das nicht aus?
Es reicht manchen ja aus. Es ist ja nicht so, dass die gesamte Community Wert auf den Ehebegriff legt. Manche sagen aber, sie fühlten sich ohne die Ehe und nur mit der Lebenspartnerschaft diskriminiert. Das, was uns verbindet, sagen sie, dass müsse man auch Ehe nennen dürfen. Da spielt auch das emotionale Element eine Rolle, es geht auch um Symbole. Zudem ist nach unserem bürgerlichen Recht die gemeinschaftliche Adoption Ehepartnern vorbehalten, insofern ist die Ehefrage also doch wichtig. Man könnte natürlich auch die Lebenspartnerschaften für gemeinschaftliche Adoptionen öffnen, das wäre die zweite Möglichkeit gewesen. Diesen Weg wäre sicherlich in nicht allzu ferner Zukunft das Bundesverfassungsgericht gegangen.
Die SPD will jetzt sofort eine Abstimmung über das Thema im Bundestag. Was ist Ihre Meinung?
Die SPD wollte schon seit Monaten eine rasche Abstimmung und eine Freigabe der Abstimmung ohne Fraktionszwang. Die Sozialdemokraten sind unter Druck, weil sie die Ehe für alle schon lange versprochen haben, es aber nicht schafften, sie im Koalitionsvertrag zu verankern. Ich habe am Dienstagmorgen schon meine Meinung getwittert: Ich würde noch diese Woche abstimmen, das würde ich mir wünschen. Es liegen Gesetzentwürfe für die Ehe für alle vor, es gibt auch einen vom Bundesrat. Und man könnte einen neuen, gemeinsamen Antrag formulieren. Es müsste noch diese Woche passieren. Aber über den Zeitpunkt der Abstimmung muss die Fraktionsführung entscheiden. Erste Äußerungen unseres parlamentarischen Geschäftsführers deuten darauf hin, dass wir diese Woche nicht mehr abstimmen. Ich weiß nicht, ob sich diese Position durchhalten lässt.
Ist Deutschland Vorreiter beim Thema?
Nein, viele europäische Länder, auch solche, in denen wie in Spanien und Italien die Kirche eine wichtige Rolle inne hat, haben die Ehe schon länger geöffnet. Wir sind nicht die letzten, aber es gibt viele andere, die den Weg bereits gegangen sind.