Gerade im Bereich Robotik und Industrie 4.0 sind viele Start-Ups erfolgreich. Im Gegensatz zu Deutschland gilt Israel als Start-Up-Nation. Foto: dpa

Start-ups sind für die Wirtschaft wichtig: Sie entwickeln neue Geschäftsmodelle und liefern Innovationen. Experten warnen: In Deutschland gibt es zu wenige Start-ups. Warum sprudeln in Israel die Ideen, und woran scheitern Gründer in Deutschland? Ein Vergleich.

Unterschied 1: Wie ticken die Menschen?

Israel

„Chuzpe“ bedeutet auf Deutsch übersetzt etwa „Frechheit“. Ohne dieses Wort geht nichts, wenn Israelis ihre Nation beschreiben. Die Unerschrockenheit vieler Menschen gilt als einer der wichtigsten Faktoren, warum das Land in den letzten Jahren einen Gründer-Boom erlebt. Mit rund 8,2 Millionen hat Israel etwa so viele Einwohner wie Niedersachsen. Das israelische Bruttoinlandsprodukt ist zehnmal kleiner als das Deutschlands. Dennoch macht Israels Wirtschaft derzeit als Silicon Wadi Schlagzeilen. „Wadi“ ist arabisch für „Tal“. Der Name steht in Anlehnung an das Silicon Valley, das Herz der Technologiewirtschaft in den USA. 15 Milliarden US-Dollar – rund 13,7 Milliarden Euro – erzielten israelische Start-ups 2014 mit Börsengängen und Verkäufen, schreibt das US-Wirtschaftsmagazin „Forbes“.

„Wir Israelis akzeptieren die Realität nicht einfach so. Wir hinterfragen andauernd den Status quo“, sagt etwa Uri Adoni. Adoni ist Vorstandsmitglied von Jerusalem Venture Partners, einem der größten Wagniskapitalfonds Israels, und gilt als Kenner der Gründerszene im Land. Wie innovationsstark Israels Jungunternehmer sind, zeigt sich auch an der Zahl der israelischen Unternehmen, die an der Technologie-Börse Nasdaq notiert sind: 77. Aus Deutschland sind es drei (Stand Dezember 2015). Woher kommt die israelische Risikofreude? Seit seiner Gründung 1948 führt der Staat regelmäßig Krieg mit Nachbarländern und den Palästinensern. „Durch die Unsicherheit in dieser Region lernen die Menschen, mit Risiken zu leben“, sagt Start-up-Experte Adoni. Außerdem hätten viele Israelis eine positive Einstellung zum Scheitern. „Bei Investoren haben Unternehmer sogar bessere Chancen, wenn sie zuvor mit einer Idee gescheitert sind“, sagt Adoni. „Das beweist ihre Erfahrung.“

Deutschland

In Deutschland will jeder dritte Student Beamter werden. Das ergab eine Studie der Unternehmensberatung Ernst & Young, für die rund 4300 Studierende befragt wurden. Auch die Shell-Jugendstudie zeigt: Ein sicherer Arbeitsplatz ist für junge Leute in Deutschland das wichtigste Kriterium bei der Berufswahl. Statt selbst eine Firma zu gründen, wollen viele Jobstarter lieber den Einstieg bei renommierten Firmen schaffen. Dabei sind Start-ups laut Bundeswirtschaftsministerium der „Motor des strukturellen Wandels“ und „enorm wichtig für die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands“.

Einige Beispiele: Das Kurznachrichtensystem Whatsapp, mit dem sich Nutzer über das Internet Botschaften schicken können und das den SMS-Markt weltweit zum Erlahmen brachte, das wohl bekannteste Online-Bezahlsystemen Paypal und die weltweit führenden Elektromotoren von Tesla – diese Neuheiten wurden nicht in etablierten Konzernen geschaffen, sondern von Start-ups. Deutschland hinkt im internationalen Vergleich hinterher. Genaue Zahlen gibt es nicht, da bei Erhebungen zu Unternehmensgründungen auch Firmen wie Dönerbuden enthalten sind. „Im Vergleich zu den USA, China oder Israel ist die Neigung, Start-ups zu gründen, aber noch niedrig“, sagt Sascha Schubert, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands deutsche Start-ups. „Unternehmer“ klinge für viele Deutsche „nach dem peitschenschwingenden Ausbeuter, der den Arbeitnehmern die Salamischeiben vom Brötchen klaut – oder nach jemandem, der nichts anderes gefunden hat.“