Kaputte Infrastruktur kann ein Standortnachteil sein Foto: dpa

Die mangelhafte Infrastruktur, Steuerbelastungen und zu viel Bürokratie verhindern, dass Deutschland sich im Standortwettbewerb verbessern kann. Dies geht aus einer Studie der Stiftung Familienunternehmen hervor.

München - Wo in Europa lohnt es sich für ein Familienunternehmen, sich niederzulassen? Oder sind die USA besser geeignet? Diese Fragen versucht die Stiftung Familienunternehmen mit ihrem Länderindex zu beantworten. Deutschland landet dabei in der aktuellen Ausgabe, die am Donnerstag erschienen ist, wie bereits vor zwei Jahren auf dem zwölften Platz. Die besten Bedingungen finden Firmen demnach in der Schweiz, dem Vereinigten Königreich, Luxemburg und den skandinavischen Ländern vor. Den größten Sprung nach vorne gemacht hat Polen von Platz 16 auf 13. Auf den hinteren Plätzen befinden sich wie seit Jahren schon die europäischen Schwergewichte Frankreich, Spanien und Italien. Die ins Ranking einbezogenen USA rutschen um drei Plätze nach hinten – von sechs auf neun.

Zwar hat sich Deutschland auf einigen der vom Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) untersuchten Feldern positiv entwickelt. So sei die Unternehmensfinanzierung wegen der günstigen Zinsen verbessert worden. Auch die Ergebnisse bei der Bildungsstudie Pisa schlugen positiv zu Buche. Doch unter Einbeziehung aller Standortfaktoren habe sich Deutschland seit dem ersten Länderindex 2006 verschlechtert. So sei der Abstand zu den Spitzenreitern bei der Infrastruktur gewachsen. Marode Straße und Schienen erschweren den Transport. Als ungenügend bewertet wurden zudem die Verbreitung der Mobilfunknetze und die Verfügbarkeit von Breitband-Internet. Hier rutschte Deutschland vom neunten auf den 15. Platz ab.

Als größte Minuspunkte hat die Studie jedoch die Steuer- und Arbeitsmarktregelungen ausgemacht. Zwar habe die Erbschaftssteuerreform von 2009 eine gewisse Entlastung gebracht. Andere Länder wie Österreich hätten diese aber gänzlich abgeschafft oder wie die Niederlande grundlegend reformiert. „Gespannt erwarten die Familienunternehmen nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts einen ausgewogenen Vorschlag zur Neuregelung der Erbschaftssteuer“, sagt Stiftungschef Brun-Hagen Hennerkes. Zudem sei der Verwaltungsaufwand etwa bei einer Steuererklärung deutlich höher als in anderen Ländern. Deutsche Betriebe benötigten dafür im Schnitt 218 Stunden, im Vereinigten Königreich 114 und in der Schweiz nur 63 Stunden. Für ZEW-Projektleiter Friedrich Heinemann kommt erschwerend hinzu: „Die moderaten Standortverbesserungen werden durch die neuen Regulierungen auf dem Arbeitsmarkt beim Mindestlohn und der geplanten Einschränkung von Zeitarbeit konterkariert.“

Sorgen bereitet den Familienunternehmen aber auch das zunehmende Ungleichgewicht innerhalb der EU-Staaten. „Die von der Politik gewünschte wirtschaftliche Angleichung ist weiter entfernt denn je“, kritisiert Stiftungschef Hennerkes. Dies führe innerhalb der Mitgliedstaaten zu immer schärferen Interessengegensätzen. Der Politik gelinge es bisher nicht, diese zu überbrücken. Bedrohlich sei außerdem die Lage in kriselnden Staaten wie Frankreich oder Spanien, wo sich die Standortbedingungen weiter verschlechtert hätten. Falls sich der Abstieg fortsetze, befürchtet Hennerkes erhebliche Auswirkungen für die Euro-Zone. „Griechenland zeigt, welch hohe Ansteckungsgefahr bereits von der Krise eines wirtschaftlich relativ unbedeutenden Staates auf alle EU-Mitglieder ausgeht.“

Unter Familienunternehmen versteht man zumeist kleine oder mittelgroße Betriebe, bei denen Eigentum und Firmenleitung weitgehend in einer Hand liegen. Sie machen in Europa mehr als 90 Prozent aller Unternehmen aus.