Das neue Porsche-Designstudio in Weissach Foto: Porsche

Kaum ein Tag, an dem Porsche nicht Ausbaupläne für die kommenden Jahre verkündet. Am Standort Weissach sind bereits erste Ergebnisse zu sehen. Dort wurde am Freitag das neue Entwicklungszentrum eröffnet.

Weissach - Wie von Geisterhand fangen die Räder des Porsche 911 an zu rotieren. Scheinwerfer tauchen ihn in blaues Licht Aus dem dunklen Schlund vor ihm werden Nebelschwaden mit einer Geschwindigkeit von 30 Stundenkilometern über die Karosserie gejagt. So lässt sich die aerodynamische Form des Sportwagens gut erkennen. Was früher nicht möglich war: Durch die rollenden Räder und den bewegten Boden wird für die Ingenieure auch sichtbar, was unter der Karosserie passiert. So lassen sich künftige Sportwagen-Modelle noch windschnittiger als bisher konstruieren.

Der Windkanal ist nur ein Teil des neuen Entwicklungszentrums, das Porsche am Freitag offiziell eröffnet hat. Hinzu kommen ein Designstudio mit Konzeptbau sowie ein Elektronik-Integrationszentrum. 150 Millionen Euro hat der Sportwagenbauer dafür in die Hand genommen. „Man sagt ja, Baden-Württemberg sei das Land der Tüftler und Denker – hier in Mönsheim und Weissach wird deutlich, dass dies nicht nur so ein Spruch ist“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne). Er zeigte sich zudem angetan von der Hybridtechnik, bei der Porsche als Vorreiter gilt und die etwa beim Panamera den Verbrauch deutlich senkt. „Wenn Sportwagen heutzutage schon so grün sind, dann geht die Entwicklung in die richtige Richtung.“

Während früher in Weissach Designstudio oder Windkanal über das Gelände verstreut waren, sind jetzt alle Teile in den drei neuen Gebäuden gebündelt. Das Gehirn von Porsche pulsiert mit frischem Blut. 750 Designer und Ingenieure haben hier künftig ihren Arbeitsplatz. „Damit können die kreativen Entwickler noch konsequenter als bisher Hand in Hand arbeiten“, sagte Porsche-Vorstandchef Matthias Müller.

Das zeigt sich etwa im Design-Studio. Bis zu sieben Autos lassen sich auf einer 70 Meter langen Modellierplatte gleichzeitig aus synthetischem Ton formen. Dabei helfen riesige Fräsmaschinen, die zuvor mit den entsprechenden Daten gefüttert werden. Die Designer schauen von einer Galerie aus jederzeit auf die Ergebnisse herunter, können ihre Entwürfe gegebenenfalls überarbeiten. Dann wird noch mal geschabt, gefräst und modelliert. Und der weiße Boden, der jetzt noch klinisch rein wirkt, dürfte dann mit Tonresten übersät sein. Wird ein neuer Porsche entwickelt, arbeiten die Designer meist mit sechs bis sieben Varianten, die am Ende Vorstandschef Matthias Müller zur Entscheidung präsentiert werden. „Das sind dann oft harte Diskussionen“, sagt Johannes Doll, Projektkoordinator für das 918-Spyder-Design. Quasi spiegelbildlich gegenüber befindet sich das Designstudio für den Innenraum der Autos. Um die Wirkung von Farben und Materialien zu beurteilen, werden die Autos in einen Lichthof vor dem Gebäude transportiert.

Zum Entwicklungszentrum soll sich bald noch ein neues Prüfgebäude für Antriebe gesellen. Bis 2016 will Porsche hier noch einmal 95 Millionen Euro investieren, um Verbrennungsmotoren, aber auch Elektro- oder Hybridantriebe schneller zu testen. „Der Klima- und Umweltschutz fordert von der Branche völlig neue Lösungsansätze“, sagte Vorstandschef Matthias Müller. Dies sei mit einem erheblichen Mehraufwand im Bereich Forschung und Entwicklung verbunden. Weissach wird damit als Denkfabrik für den Sportwagenbauer immer wichtiger. Bis 2018 fließen jährlich 100 Millionen Euro in den Standort. Inzwischen arbeiten hier 4500 Designer, Ingenieure und Techniker. Dazu kommen 1500 Mitarbeiter von Geschäftspartnern. Bis Oktober soll zudem ein neues Parkhaus fertig werden.

Das Elektronik-Integrationszentrum, in dem Kabelstränge und Steuerungseinheiten geprüft und zusammengeführt werden, ist übrigens der einzige Teil, in dem bereits gearbeitet wird. Designstudio und Windkanal werden erst in den nächsten Wochen bezogen. Geheimhaltung ist oberstes Prinzip in Weissach. Wer lässt sich schon gerne ins Gehirn schauen.