Grenzenloser Jubel: Die Standardformation des 1. TC Ludwigsburg feiert den elften WM-Titel Foto: Baumann

Die Mission war nicht einfach – und manch einer dachte, dass die Nervosität der jungen Truppe des 1. TC Ludwigsburg einen Strich durch die Rechnung machen würde. Doch Pustekuchen! Die Standardformation des Clubs tanzte zum elften WM-Titel, weil eine Dame nie daran gezweifelt hat.

Ludwigsburg - Dagmar Beck ballte die Faust, packte Olaf mit der anderen Hand am Hals und riss ihn in die Luft. Was martialisch klingt, war es aber nicht. Zum Glück. Denn Schneemann Olaf, das Maskottchen der Standardformation des 1. TC Ludwigsburg aus Disneys „Die Eiskönigin“, konnte die Freude der Trainerin mit seinem flauschigen Fell gut abfangen. Doch der Jubel von Dagmar Beck musste ja irgendwie raus – Olaf hin oder her. „Ich habe nie daran gezweifelt, dass diese Leistung in der Finalrunde nicht zum WM-Titel reicht“, sagte die Chefin der jungen Ludwigsburger Truppe nach der Siegerehrung im Brustton der Überzeugung.

Allerdings: So überlegen wie Dagmar Beck den WM-Auftritt ihrer Standardformation gesehen hatte, war er nicht. Zwar erhielt der 1. TCL mit 37,41 Punkten eine noch bessere Wertung (36,00) als beim deutschen Meistertitel zwei Wochen zuvor, doch eine Mannschaft machte es vor 4000 Zuschauern in der MHP-Arena richtig spannend. Der Europameister aus Russland, die Formation von Vera Tyumen, legte eine nahezu perfekte Choreografie aufs Parkett. In der Synchronität war der Weltmeister von 2013 sogar besser. Und so lagen am Ende die Ludwigsburger, die mit ihrem Programm „Kontraste“ in der Finalrunde als erstes Team ran mussten, nur mit 0,21 Punkten vorne.

Die Teamfähigkeit macht den Unterschied

„Unsere acht Paare sind im Durchschnitt sehr, sehr jung. Die Hälfte ist unter 18 Jahre alt. Dafür war das heute eine Meisterleistung“, jubelte Norman Beck danach. Der Ehemann von Dagmar Beck ist ebenfalls Trainer der Equipe des 1. TCL. Wie immer verfolgte er den Auftritt seiner Schützlinge von der Tribüne aus, während seine Gattin mit gewohnter Ruhe und Ausstrahlungskraft die Formation am Parkett dirigierte. „Für uns haben die bewerteten Teamfähigkeiten gesprochen. In denen waren wir nicht zu schlagen. Das hat den Unterschied ausgemacht“, meinte Norman Beck.

Und tatsächlich, der 1. TC Ludwigsburg präsentierte sich als eine eingeschworene Einheit. Als eine Mannschaft, die nur einen Traum hat: den elften WM-Titel für den Verein zu holen. „Der Wille“, befand auch Kapitänin Vanessa Bort, „hat vielleicht am Ende das Quäntchen bewirkt, dass es uns zum Sieg gereicht hat. Wir sind so eine tolle Truppe.“ Mit 33 Jahren ist Bort die Älteste in der Formation. Für die Ludwigsburgerin war es bereits der vierte WM-Titel ihrer Karriere – aber dieses Mal ein ganz besonderer: „Wenn man bedenkt, dass wir seit 2009 nicht mehr gewonnen haben, ist dieser Triumph schon etwas Außergewöhnliches.“

Ans Karriereende will Vanessa Bort aber nicht denken. Noch nicht. Oder zumindest nicht im Moment des größten Erfolgs. „Jetzt werden wir erst mal feiern“, meinte die Kapitänin. Letztlich weiß aber auch sie, dass die Mannschaft in dieser Konstellation noch einiges erreichen kann.

Das Küken beim 1. TC Ludwigsburg schwärmt vom Teamspirit

Das liegt auch an Tänzerinnen wie Giulia Edel. Sie ist mit 15 Jahren das Küken in der Truppe. Für die Schülerin hat der Erfolg vor allem mit dem Wir-Gefühl zu tun: „Wir haben als Team agiert, weil wir uns alle super verstehen. Jeder versucht, dem anderen zu helfen. Wahrscheinlich ist genau das unser Erfolgsrezept.“ Vermutlich liegt sie damit ganz richtig. Das sieht jedenfalls auch Gaby Wulff so.

Doch die Präsidentin des 1. TC Ludwigsburg ist sich bewusst, dass für den dauerhaften Erfolg gewisse Voraussetzungen erfüllt sein müssen. „Sie müssen weiter mit viel Spaß bei der Sache sein“, sagte Wulff. „Da ist es sicher von Vorteil, dass unsere Mannschaft sehr jung ist. Der Nachteil könnte aber sein, dass nach dem Titelgewinn die Truppe Schwierigkeiten mit der Nervosität bekommen könnte – mit dem Anspruchsdenken.“ Wobei das ja schon bei der Heim-WM kein Problem war.

Die Atmosphäre in der Halle hemmte die Gastgeber des 1. TC Ludwigsburg nicht. „Im Gegenteil. Sie hat uns zum Sieg getragen“, meinte Dagmar Beck. Und liebend gerne würden die Barockstädter auch im kommenden Jahr bei der WM auf den Heimvorteil setzen. Das geht aber nicht. 2016 wird die Weltmeisterschaft vom Erzrivalen Braunschweiger TSC ausgetragen. Der Titelverteidiger aus Niedersachsen landete mit 34,34 Punkten auf Rang drei. Und wird im nächsten Jahr sicher wieder angreifen. Jedoch ist sich Dagmar Beck sicher: „Wenn wir zusammenbleiben und ruhig weiterarbeiten, ist in den kommenden Jahren einiges für uns drin.“ Auf Schneemann Olaf könnte also noch viel zukommen.