Bei der Stallwächterparty: Europaminister Friedrich, Ministerpräsident Kretschmann, Finanzminister Schmid, dessen Frau Tülay und Kretschmanns Frau Gerlinde (von links) Foto: dpa

Fast 19 000 Euro hat sich die AOK Baden-Württemberg ihren Stand bei der Stallwächterparty kosten lassen. Das Engagement ist nicht zu beanstanden – dennoch weckte es kritische Stimmen.

Berlin - Die Diskussion um die Sponsoren der Stallwächterparty, des alljährlichen Sommerevents in Baden-Württembergs Berliner Landesvertretung, zieht noch immer Kreise. Erst musste sich Ministerpräsident Winfried Kretschmann vor der Grünen-Jugend dafür verteidigen, dass mit der Diehl-Stiftung auch ein Rüstungskonzern als Geldgeber auftrat. Nun gerät die Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) unter Rechtfertigungszwang.

„Mich hat das Engagement der AOK Baden-Württemberg in Höhe von etwa 18 800 Euro geärgert“, schreibt uns Leser Clemens Kleebaur. Weil er Sponsoring aus gesetzlichen Beiträgen politisch für „mehr als fragwürdig“ hält, hat er sich beim Bundesversicherungsamt in Bonn beschwert.

Er war nicht der Einzige, dem die Stallwächterrolle von Baden-Württembergs größter Krankenkasse missfiel. Es gab noch eine Handvoll weiterer Klagen, sagt Holger Pressel, der Leiter des Bereichs Politik der AOK. Das sind bei 3,9 Millionen Versicherten und einem Marktanteil von rund 42 Prozent zwar nicht eben viele, doch ändert das nichts an der Legitimität der Frage: Darf eine gesetzliche Krankenkasse mit Mitgliedsbeiträgen ein solches Fest sponsern?

Sie darf, heißt es im Stuttgarter Sozialministerium, das die Beschwerde aus Bonn auf den Tisch bekam und als Rechtsaufsichtsbehörde darüber entscheiden muss. Die AOK stütze sich bei ihrem Engagement nämlich auf die „Gemeinsamen Wettbewerbsgrundsätze der Aufsichtsbehörden der gesetzlichen Krankenversicherung“ . Und diese Regeln geben ihr für das Sponsoring weitgehend freie Hand.

In dem neunseitigen Papier aus dem Jahr 2006 wird sinngemäß festgestellt, dass Krankenkassen untereinander im Wettbewerb um Mitglieder stehen. Deshalb dürften sie auch für sich werben. Dies müsse jedoch in einer Form geschehen, „die einer öffentlich-rechtlichen Institution angemessen“ sei. Bei den Ausgaben für allgemeine Werbemaßnahmen sei außerdem das „Gebot der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit“ zu beachten.

Beurteilt wird dies auf der Grundlage eines Betrags, der sich aus dem Durchschnittsentgelt der Rentenversicherung ermitteln lässt – das ist eine Rechengröße der Sozialversicherung. „Wir lagen weit unter dem Wert, den wir pro Versicherten ausgeben dürfen“, sagt Pressel. Das hat auch das Stuttgarter Sozialministerium akzeptiert: Die Ausgaben bewegten sich im Rahmen, heißt es dort.

Die AOK legt auch Wert darauf, dass sie mit ihrem Stand zur allgemeinen Gesundheitsaufklärung beigetragen habe. „Es wurden alkoholfreie Cocktails angeboten, und wir haben über gesunde Ernährung informiert“, sagt Pressel. Die AOK habe sich als Gesundheitskasse dargestellt.

10 000 Euro musste sie für den Stand in der Berliner Landesvertretung lockermachen, hinzu kamen noch 8823,53 Euro an Sachleistungen.

Sie war damit die einzige Krankenkasse, die auf der Stallwächterparty, zu der rund 1500 Gäste aus Politik, Wirtschaft und Kunst geladen waren, für sich warb. Doch warum eigentlich nur die AOK? Auch über dieses Exklusivrecht gab es offenbar Klagen. „Manche sahen darin einen Wettbewerbsvorteil“, räumt Pressel ein.

Die Landesvertretung habe in der Tat nur diese eine Kasse angeschrieben, heißt es dazu in der Regierungszentrale. Das geschah offenbar aus einer gewissen Tradition heraus, denn bis 2011 hatte die AOK Berlin-Brandenburg in Baden-Württembergs „Botschaft“ Flagge gezeigt. Danach kam dann die Schwesterorganisation aus dem Südwesten zum Zug. „Das bedeutet aber nicht, dass sich nicht auch andere hätten beteiligen können“, betont eine Sprecherin. Es habe sich schlicht niemand weiteres zu der Veranstaltung gemeldet – dabei sei diese ja weithin bekannt.

Gut möglich also, dass die Sponsorenliste im kommenden Jahr etwas anders aussehen wird als dieses Jahr. Die insgesamt 32 Geldgeber, darunter Firmen wie Daimler, EnBW, SAP und ebm-papst, haben das Fest übrigens mit insgesamt mehr als 180 000 Euro unterstützt.

Dass auch die Diehl-Stiftung & Co. KG mit 5000 Euro dabei war, hatte unter anderen die Grüne Jugend auf die Palme gebracht. Firmen, die ihren Umsatz mit dem Verkauf und der Konstruktion von Waffen verdienen, sollten im Sponsoring von Landesveranstaltungen keinen Platz mehr haben, forderte die Jugendorganisation.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann verteidigte das Engagement von Diehl. Die Landesvertretung habe sich an die Sponsoring-Richtlinie des Landes aus dem Jahr 2006 gehalten, erklärte der Grünen-Politiker. Ob diese geändert werde, ließ er offen.

Unser Leser Clemens Kleebaur hält übrigens an seiner Kritik des AOK-Sponsorings fest: „Die Antwort der Kasse und der Aufsichtsbehörde ist für mich nicht befriedigend.“