Das Gebäude Eberhardstraße 63, rechts neben dem Tagblattturm, kommt erst später weg – das Haus Nummer 65 vermutlich noch in diesem Sommer Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Die Kulturtreibenden in der Nachbarschaft und die Stadträte rechneten schon fest mit dem Abriss des Hauses Eberhardstraße 63 in den Sommerferien 2015. Doch gleich zwei Bürgermeister legten ihr Veto ein. Jetzt soll das Haus neben dem Tagblattturm doch länger stehen bleiben.

Stuttgart - Die Überlegungen, das städtische Gebäude zwischen dem Tagblattturm und der früheren Teppich-Galerie noch in diesem Sommer abzureißen, sind gestoppt. Finanzbürgermeister Michael Föll (CDU) hat in Absprache mit Städtebaubürgermeister Matthias Hahn (SPD) die Notbremse gezogen.

„Ein so schneller Abriss ist nicht sinnvoll, wenn wir nicht wissen, wann dort was entstehen soll“, sagte Föll unserer Zeitung. Vor allem aber: Im aktuellen städtischen Doppelhaushaltsplan 2014/2015 seien noch nicht einmal Gelder für die Planung enthalten, geschweige denn für einen Neubau, der nach ersten Kostenschätzungen immerhin drei bis vier Millionen Euro kosten werde. Ob man das Geld dafür im Haushalt 2016/2017 vorsehen kann, der vor Weihnachten verabschiedet werden soll, wisse er noch nicht, sagte Föll. Der Bürgermeister: „Mit einer Brache mitten in der Stadt ist niemandem gedient.“ Zumal man nicht wisse, wie sich das bedeutende Kulturdenkmal Tagblattturm nach dem Abriss des Nachbargebäudes präsentieren würde.

Genutzt werden kann das Haus Eberhardstraße 63 allerdings auch nicht mehr, nicht einmal interimsweise. Bevor die Stadt ihr Vorkaufsrecht wahrgenommen und das Gebäude erworben hat, seien im Inneren noch Veränderungen vorgenommen, aber nicht vollendet worden, sagt Föll. Für Wohnzwecke wäre es nicht geeignet.

Das Veto ist aus Fölls Sicht unproblematisch. Eine Runde von Ämtervertretern, Kulturtreibenden und Stadträten sowie Bezirksvorsteherin Veronika Kienzle (Grüne) hatte zwar jüngst einen gemeinsamen Abriss dieses Gebäudes mit dem geplanten Abbruch der ehemaligen Teppich-Galerie angepeilt; der Aufschub laufe den Interessen des runden Tischs aber nicht zuwider, meint Föll.

Hoffnung, dass das Projekt in Gang kommt

Das Anliegen sei ja vor allem gewesen, dass man die Abbrucharbeiten aufeinander abstimmt und in die Ferienzeit legt, wenn die Kultureinrichtungen in der Nachbarschaft Spielpause haben, sagt Föll. Wenn der Abbruch der ehemaligen Teppich-Galerie in diesen Ferien und der Abriss der Eberhardstraße 63 in den Sommerferien 2016 über die Bühne ginge, könnte man den Kulturbetrieb auch vor Störungen schützen.

Innerhalb der Stadtverwaltung kam in den vergangenen Tagen allerdings auch die Befürchtung auf, dass der Abriss der ehemaligen Teppich-Galerie (Eberhardstraße 65) möglicherweise auch nicht mehr mit den Sommerferien beginnen kann. Die Vorkehrungen im Ordnungsamt bräuchten vermutlich mehr zeitlichen Vorlauf. Außerdem war ungewiss, ob die Denkmalbehörde dem Abriss rechtzeitig zustimmen wird.

CDU-Stadtrat Jürgen Sauer, der sich für die Kultureinrichtungen um eine verträgliche Lösung bemüht, hat nach Gesprächen mit dem Architekten Stefan Willwersch aber wieder Hoffnung gefasst, dass dessen Projekt doch wie geplant in Gang kommt. Willwersch will den Gebäudekomplex Eberhardstraße 65 abbrechen, die Fassade des denkmalgeschützten Gebäudes zur Straße hin geordnet abbauen und später als Front eines Neubaus mit Läden und Büros wieder errichten. Hinter dem Gebäudekomplex sind Wohngebäude geplant.

Für den Neubau nebenan, also anstelle des Gebäudes Nummer 63, ist inzwischen ein Architektenwettbewerb gestartet worden. Hier soll es im Erdgeschoss auch einmal eine Ladenfläche geben, darüber Büros und „ganz oben gegebenenfalls Wohnungen“, sagt Föll. Näheres klärt der Wettbewerb.

Der Standort ist der Stadtverwaltung wichtig. Aus diesem Grund übte sie auch das Vorkaufsrecht aus. „Wir sahen diese Stelle als natürliche Fortsetzung des Tagblattturms an“, sagt Föll. Daher wollte die Stadt hier die Entwicklung steuern können.