Die Kochgruppen aus Feuerbach und Weilimdorf, Zuffenhausen und Mühlhausen sowie aus Botnang und dem Stuttgarter Westen. Foto: Braun

Bürgerbeteiligung am Esstisch: Beim Projekt „Salz & Suppe“ des Amts für Stadtentwicklung und Stadtplanung machten sich Bürger Gedanken um die Stadt von morgen. Ihre Ideen reichen vom anarchistischen Straßenfest bis zum Nutzungskonzept für das Walz-Areal in Weilimdorf.

Stuttgarter Norden - Einen „wohlschmeckenden Bürgerdialog“ wollte das Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung mit dem Projekt „Salz & Suppe“ aufsetzen. 54 Bürger mit unterschiedlichem Hintergrund sollten sich, aufgeteilt in neun bunt gemischte Kochgruppen, beim gemeinsamen Essen Gedanken über die Stadt von morgen machen. Was dabei herausgekommen ist, ist noch bis 11. August in einer Ausstellung im Rathaus in der Stadtmitte zu sehen.

Die Ergebnisse wurden zuvor bei der Abschlussveranstaltung des Projekts von den Teilnehmern sowie von Partnern und Sponsoren des Projekts bewertet. „Wir können leider nicht alle neun Ideen umsetzen“, sagt Birgit Kastner vom Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung, die das Projekt zusammen mit ihrem Kollegen Ulrich Dilger initiiert und betreut hat. Die Bewertung sei anhand dreier Kriterien erfolgt, erklärt Dilger: Innovation, Umsetzbarkeit und gesellschaftlicher Mehrwert der Idee. Und dabei haben die Kochgruppen aus Feuerbach und Weilimdorf, Zuffenhausen und Mühlhausen sowie aus Botnang und dem Stuttgarter Westen am besten abgeschnitten. Sie haben ihre Ideen bei der Ausstellungseröffnung im Rathaus noch einmal präsentiert.

Beim Guerilla-Grillen soll der öffentliche Raum zurückerobert werden

Die Kochgruppe Zuffenhausen/Mühlhausen sei wie die meisten anderen Kochgruppen auch zu der Erkenntnis gelangt, dass Begegnung Räume brauche, sagt deren Teilnehmer Peter Blum. So sei die Idee der wandernden Straßenfeste entstanden, bei denen ganz unbürokratisch und ohne Genehmigungen oder ähnliches spontan und zwanglos zusammen gefeiert werden solle, erklärt Blum: „Einfach einen Grill auf die Straße stellen, Tische und Bänke dazu, anzünden – fertig.“ Ausgangspunkt für diese „kleinen, anarchistischen Straßenfeste“ sei immer ein Gastgeber, der dazu einlade. Die Gäste seien ihrerseits aufgefordert, auch etwas für das Fest mitzubringen. „Das Prinzip dahinter ist: Wir erobern uns den öffentlichen Raum wieder zurück“, sagt Blum. Schließlich sei früher viel mehr Leben auf der Straße gewesen als heute. Mit diesem „Guerilla-Grillen“ könne die Gruppe eigentlich gleich nächste Woche anfangen – oder auch jemand anderes, denn nachmachen sei ausdrücklich erwünscht, sagt Blum.

Die Idee der Kochgruppe Weilimdorf/Feuerbach lässt sich indes nicht so einfach nachahmen. Sie hat sich ganz konkret überlegt, wie das Walz-Areal, ein seit Jahren brach liegendes Gärtnereigelände in Weilimdorf, genutzt werden kann. „Wir wollen die Räumlichkeiten für die Bürger nutzbar machen“, erklärt Susann Tonne von der Kochgruppe. Denkbar seien etwa ein selbstverwaltetes Café, gemeinsame Beete oder offene Werkstätten. „Es geht um den Zusammenschluss von Natur und Kultur.“

Für die Umsetzung der Ideen werden Geldgeber gesucht

Der Gruppe Botnang/West ging es vor allem um den Bereich Freizeit und Erholung, sagt Felix Reidinger. Ihre Idee sei, einen Bauwagen zu einem barrierefreien Treffpunkt umzubauen, wo es bei Essen und Getränken die Möglichkeit zum gemeinsamen Spielen oder Musizieren gebe. „Wir wollen einen sexy Ort schaffen“, sagt Reidinger. Daran mitgetüftelt hat auch Jürgen Tobias, einer der ältesten Teilnehmer des Projekts. „Es war eine schöne Erfahrung für mich, dass ich alter Sack noch so gut mit den jungen Leuten zurechtkomme“, sagt der 79-jährige Botnanger.

Auch der Leiter der Stadtentwicklung, Hermann-Lambert Oediger, ist mit dem Verlauf des Projekts zufrieden: „Wir wollen dieses Format weiterhin anwenden.“ Zunächst organisieren die Stadtplaner im September aber noch einen sogenannten Marktplatz der Ideen für die drei bestplatzierten Kochgruppen: Dort können diese ihre Vorhaben möglichen Geldgebern wie etwa Stiftungen vorstellen. „Wir wollen es gemeinsam schaffen, dass die Ideen umgesetzt werden können“, sagt Birgit Kastner. Doch darauf möchten sich nicht alle Kochgruppen verlassen: Die Zuffenhäuser haben schon angekündigt, dass sie im September auf jeden Fall mit ihren Straßenfesten starten werden.