Bei der Entwicklung der Altstadt sind laut Bürgermeister Hahn die Händler gefragt. Foto: Maira Schmidt

Bei einer Veranstaltung des SPD-Ortsvereins Bad Cannstatt hat Baubürgermeister Matthias Hahn über die Entwicklungschancen des Bezirks gesprochen. Neben vielen neuen Projekte gibt es auch alte Baustellen.

Bad Cannstatt - Für Baubürgermeister Matthias Hahn (SPD) steht Bad Cannstatt an einem Wendepunkt. Der Bau des Rosensteintunnels sei eine „unglaubliche Entwicklungschance“. Selbiges gelte für den Neckarpark, sagte Hahn am Dienstagabend bei einer Mitgliederversammlung des Cannstatter SPD-Ortsvereins.

Rund 15 Quadratkilometer, bewohnt von knapp 70 000 Menschen, „wäre Bad Cannstatt selbstständig, wäre es eine der größten Städte in der Region“, sagte Hahn, der von 1998 bis 2008 selbst im Kurparkviertel gewohnt hat. „Bad Cannstatt entwickelt sich an ganz vielen Stellen sehr dynamisch“, so der Baubürgermeister. Er nannte die Soziale Stadt Hallschlag, die dem einstigen Problemstadtteil eine „unerwartete Wendung“ gegeben und damit skeptische Planer und Gemeinderäte eines Besseren belehrt habe. Auch die Entwicklung des Römerkastells halte er für gelungen, genau wie den renovierten Kursaal. Die Umgestaltung des Travertinparks sei abgeschlossen, das ehemalige Zapata an der Pragstraße stehe als neue Spielstätte kurz vor der Baugenehmigung.

Wie es mit der Altstadt weitergeht, ist laut Hahn keine städtebauliche Frage mehr. Die Entscheidung, den Marktplatz autofrei zu machen, sei längst überfällig gewesen. In der gesamten Region habe es keinen Marktplatz mehr gegeben, auf dem geparkt werden dürfe. Jetzt seien die Händler an der Reihe.

Keine Schilder, eine asphaltierte Fußgängerzone

Das sah Stadtführer Stefan Betsch, der als Gast an der Veranstaltung teilnahm, anders. Er betonte zwar, dass die Ladensituation an der Marktstraße Sache der Hausbesitzer sei. „Viele Eigentümer wohnen nicht mehr in Bad Cannstatt. Die hohen Pachten können oft nur Filialisten zahlen“, so Betsch. Trotzdem sieht er die Stadt in der Verantwortung. „Der Marktplatz braucht ein Nutzungskonzept“, sagte er. Das könnten die ehrenamtlichen Initiativen vor Ort nicht leisten. Zudem sei die Marktstraße vermutlich die einzige Fußgängerzone in ganz Deutschland, die noch asphaltiert sei, kritisierte Betsch. Auch eine ordentliche Beschilderung, die auf die Altstadt hinweise, fehle. Selbst Stuttgarter seien bei seinen Stadtführungen immer wieder überrascht, wie schön der historische Kern Bad Cannstatts ist. Oft würde er den Satz hören: „Ich hätte mich nie getraut, hinter diesen Kaufhof zu gucken.“ Betsch prangerte auch den Zustand des Wilhelmsplatzes an. Der Architektenentwurf habe damals ganz anders ausgesehen als die Realität.

Mit dieser Kritik stand Betsch am Dienstagabend nicht allein da. Die langjährige Vorsitzende des SPD-Ortsvereins Inge Utzt bezeichnete den Wilhelmsplatz als „hässlichsten Platz Stuttgarts“. Utz beklagte außerdem die Pläne, an der Badstraße ein Motel One zu bauen. Sie hätte sich gewünscht, dass die dortige Stadtmauer mithilfe eines kleinen Parks besser zur Geltung gekommen wäre. Dem hielt die SPD-Stadträtin Marita Gröger allerdings entgegen: „Ich bin gottfroh, dass wir diese Brache geschlossen kriegen.“ Sie erhoffe sich von dem neuen Hotel auch eine Belebung der Marktstraße. Gröger schlug außerdem einen Ensembleschutz für die Cannstatter Einkaufsstraße vor, befand aber auch: „Mehr können wir als Stadt nicht tun.“ Der Rest liege in der Verantwortung der Eigentümer.

Am Cannstatter Marktplatz gibt es noch Cafés

Der Bezirksvorsteher Bernd-Marcel Löffler mahnte, dass man Bad Cannstatt nicht schlechter reden solle, als es ist. In Sachen Marktplatzbelebung sei im Moment viel im Gange. Neben dem geplanten Abendmarkt denke man auch über eine Art Brunnen mit integrierten Spielgeräten für Kinder nach. Bürgermeister Hahn verwies darauf, dass es am Cannstatter im Unterschied zum Stuttgarter Marktplatz noch Cafés gebe. Auch den Hinweis von Stefan Betsch, dass es sich beim Cannstatter Marktplatz um einen Hinterhof handele, ließ der Baubürgermeister nicht gelten. Am Schillerplatz in der Innenstadt gebe es ebenfalls keine Geschäfte, trotzdem sei es ein beliebter Ort. Das Problem sieht Hahn unterdessen an anderer Stelle. „Die Händler gucken zu sehr auf sich selbst“ – und nicht auf den Einkaufsstandort als Ganzes.